Panorama

Eine für alleSpirituelle Buchhaltung oder: Das Einhorn in mir

14.12.2025, 07:19 Uhr dff697a9-ec36-4d60-a8dd-b9e0363450ecEine Kolumne von Sabine Oelmann
00:00 / 06:54
Entertainment-Bilder-des-Tages-April-16-2020-Tampa-Florida-USA-Corey-Jurgensen-runs-along-the-road-taking-small-steps-while-wearing-an-inflatable-unicorn-costume-Jurgensen-has-been-dressing-up-her-runs-several-times-a-week-to-cheer-up-others-during-this-time-of-isolation-but-finds-it-therapeutic-for-herself-as-well-to-run-through-her-Seminole-Heights-neighborhood-wearing-a-silly-costume-Thursday-April-16-2020-in-Tampa
Die Autorin: Sternzeichen Einhorn, Aszendent Diva. (Foto: imago)

Dritter Advent: Zeit für eine Bestandaufnahme 2025. Ich habe noch diese und eine weitere Kolumne in diesem Jahr, für das total Besinnliche ist dann mein Kollege nächsten Sonntag verantwortlich. Ich mache heute eher so spirituelle Buchhaltung.

Ich liebe das Jahreshoroskop in der "Vogue". Es hat mir einmal, für 2013, immenses Glück beschert, alles stimmte, was darinstand. Ich habe es jedenfalls so lesen und interpretieren wollen. Für das Jahr 2025 nun wurde meinem Sternzeichen empfohlen, Ziele zu verfolgen (check). Ich habe etwas gemacht, was ich noch nie gemacht habe, schauen Sie gern hier. Das war beruflich. Dann wurde empfohlen, sich mit dem Thema Motivation auseinanderzusetzen. Was soll ich sagen, ich bin immer motiviert, geradezu übermotiviert. Das führt manchmal dazu, dass ich mich überfreue. Oder auch überdurchschnittlich erschöpft bin. So wie jetzt, aber das geht nicht nur meinem Sternzeichen so, nehme ich an, der Jahresendspurt verlangt allen viel ab. Versprochen wurde mir Anfang 2025, dass es sich lohnt!!

Nun, sich reinzuhängen lohnt sich ja immer. Und die "Vogue" stapelte auch gleich mal tief und schreibt: "Manches kann man sich nicht aussuchen". Wie wahr! Einige Todesfälle haben mich dieses Jahr gebeutelt. Ein alter Mann starb, mein Vater, es war abzusehen, und nun feiere ich das erste Mal Weihnachten ohne ihn. Es ist traurig. Ich frage mich inzwischen, ob ich um meine vor langer Zeit verstorbene Mutter so getrauert habe und komme zu dem Schluss: nein. Nicht, weil ich sie weniger liebte, sondern einfach, weil ich keine Zeit hatte dafür, keinen Raum. Ich musste mich um jüngere Kinder kümmern und ihren Mann, meinen besagten und betagten Vater, der ohne sie verloren war. Jetzt, nach der langen Zeit, nach der Zeit des Sacken-Lassens, muss ich sagen: Mein lieber Herr Gesangsverein, is'n Brett. Plan für nächstes Jahr: den eigenen Dämonen stellen. Aber darüber schreibe ich dann übernächste Woche.

Kein Horoskop ohne Klischee - meines lautet, dass ich angeblich ständig aufräumen muss. Weil ich als sechstes Zeichen in der unteren Hemisphäre geboren wurde. Sie ahnen es, Jungfrau. Mit "aufräumen" ist aber nicht nur gemeint, dass man anderen ständig die Socken hinterherträgt, die schwarze, marmorne Küchenarbeitsfläche permanent feudelt oder alles, was aus der Spülmaschine kommt und wofür man sich zum Wegräumen bücken müsste, einsortiert. Damit ist auch gemeint, dass man der Aufräumdienst für Beziehungen ist. "Sie sorgen dafür, dass Beziehungen und Verbindungen nicht im Chaos versinken", schreibt das Astro-Team der Edel-Gazette. Und: "Love rules!" Okay, d'accord, das mit den Aufräumdienst sollen aber andere beurteilen.

Das Unberechenbare

Es heißt außerdem: "Praktisch veranlagt und mit einem ausgeprägten Sinn für Ordnung sind Sie stets bereit, alles Überflüssige aus Ihrem Leben zu radieren." I wish!!!! Seien es "mentale Altlasten" (okay, das geht einigermaßen, ich bin nicht sonderlich nostalgisch oder rückwärtsgewandt), oder "ungebetene Menschen in Ihrem Leben". Nun, ich umgebe mich grundsätzlich mit denen, die ich um mich mag, den Rest vermeide ich tatsächlich, sofern möglich. Aber alles wegradieren, wie es mit meinem Lieblingstool auf dem iPhone klappt für Bilder, wo man Dinge und Menschen einfach wegratzelt, das schaff ich nicht wirklich. Und dann – ganz große Überschrift: "Das Unberechenbare wird keine Angst mehr auslösen". Ich denke, als ich jünger war, traf das zu. Inzwischen ist zu viel passiert, und ich weiß, dass das Unberechenbare nicht immer ein lustiges Abenteuer wie ein Namibia-4x4-Roadtrip ist, sondern auch heißen kann, dass einer Hautkrebs hat oder ein Kind stirbt. Diese Form von Unberechenbarkeit löst große Angst in mir aus, ich kann es nicht mehr wegatmen wie früher. Unberechenbarkeit lauert um uns herum, sie kommt aus Russland und den USA, vielleicht sogar aus Italien oder Österreich, sie lauert auf dem Bürgersteig, wenn ein Fußgänger dich vom Fahrrad schubsen will, weil du keinen Bock hast auf dem Kopfsteinpflaster oder der Straße zu fahren, auf der die anderen mit 70 km/h unterwegs sind statt 30 oder 50.

Volle Klarheit

Mein Horoskop für 2025 wurde dann zunehmend schmeichelhafter: Mein Rat sei gefragt, hieß es, denn der Neptun führte mich in die tiefen Gewässer der Spiritualität. Nun, in tiefen Gewässern war ich dieses Jahr tatsächlich, aber spirituell? Fehlanzeige. Nehme ich mir vor, habe ja noch zwei Wochen Zeit, um die volle Klarheit zu erlangen, die mir prophezeit wurde.

Lustig ist immer, wenn einem erklärt wird, dass man im Januar die Liebe seines Lebens treffen wird (check, siehe Jahreshoroskop 2013) oder dass sich im Juni was Platonisches zu einem wilden Ritt auf der Rasierklinge entwickelt. Nö. Auch gut so. "Es ist nun an der Zeit, das eigene Wollen in den Vordergrund zu stellen." Ich sag' mal, à la Bundesregierung, das nehme ich mit ins neue Jahr.

Listen, zack!

Sehr lachen muss ich immer beim Thema "Listen", denn, laut "Vogue" liebe ich die. Stimmt, ich frage mich nur zunehmend, ob ich Listen habe, weil ich seit dreißig Jahren dieses Horoskop lese und mir dort eingeredet wurde, dass ich Listen liebe, oder bin ich vielleicht bereits mit einem Notizblock in der Hand zur Welt gekommen? Ich weiß es nicht mehr, richtig ist jedoch tatsächlich, dass ich Listen liebe. Und sie abzuhaken. Zack!

Meine Höhepunkte 2025 fanden laut Horoskop im Juni und Juli statt, das ist zum Glück nicht rein sexuell gemeint, das wäre ja traurig, aber nein ich muss sagen, ich habe viele Höhepunkte übers Jahr verteilt. Das liegt daran, dass ich so ein herrliches Leben habe, und ich bedanke mich dafür, wie immer, beim Universum. Und bei mir selbst. Weil ich das kann. Schön machen. Schönreden, schöndenken. Ich mag es gar nicht, wenn es blöd ist. Phasen der Blödheit, der Langeweile, des Verdrusses, der Angst, werden weggelebt von mir, und ich plane, auf diese Art und Weise alt zu werden und keine Zeit zu haben, darüber nachzudenken, WAS ALLES PASSIEREN KÖNNTE!!

Girl-with-unicorn-mask-posing-by-white-wall-at-home-model-released-property-released-VGPF00077
So sieht's nämlich aus, wenn ich will, bin ich ein Einhorn, jederzeit. (Foto: imago)

So, nun habe ich weitergelesen in meinem alten Horoskop, und da steht tatsächlich, dass ich mich in ein strahlendes Einhorn verwandeln werde. Ja, und das stimmt schon wieder!! Meine sachliche Perfektion (*zwinkersmiley) wich einer "Empathie und Selbstliebe". Das lag am ollen Uranus, danke Kumpel!

Und jetzt das Highlight, weil – mittendrin: "Dezember könnte einer der erfolgreichsten Monate des Jahres für Sie werden. Besonders, wenn Jungfrau-Geborene eine Idee ins Leben rufen, die einzigartig ist!" Wie bereits erwähnt – das Jahr hat ja zum Glück noch zwei Wochen! Eines ist sicher (die Rente ist es nicht): "Das Jahr wird mit Lachen und Freude ausklingen", schreibt mein Astro-Dealer. Und: "Sie stehen am Anfang eines aufregenden Kapitels in Ihrem Leben, das voller Gelegenheiten und positiver Veränderungen steckt." Nehme ich so mit! Ich berichte nächstes Jahr dann! Heute erstmal einen wunderbaren dritten Advent, den Sie hoffentlich nicht in einem Kaufhaus verbringen müssen!

Quelle: ntv.de

AstrologieWeihnachtenJahreswechsel