Panorama

"Mitarbeiter brauchen Ruhephase" Supermärkte rüsten wegen Coronakrise um

In dieser Edeka-Filiale werden die Arbeitsplätze der Kassiererinnen und Kassierer für ihren Schutz mit Plastikfolie abgehängt.

In dieser Edeka-Filiale werden die Arbeitsplätze der Kassiererinnen und Kassierer für ihren Schutz mit Plastikfolie abgehängt.

(Foto: picture alliance/dpa)

Kassierer hinter Plexiglasscheiben, geänderte Öffnungszeiten, ausgefuchste Tauschsysteme - um Kunden und Mitarbeiter zu schützen und Hamsterkäufe zu unterbinden, greifen Supermärkte nun zu ungewöhnlichen Maßnahmen.

Abstandsmarkierungen am Boden, "Spuckschutz" an den Kassen, bargeldloses Bezahlen sowie Desinfektionsmittel und Handschuhe für Mitarbeiter: Mit vielerlei Maßnahmen wollen die Supermärkte und Discounter eine Ausbreitung des Coronavirus eindämmen und zugleich ihre Kassierer vor einer Ansteckung schützen. Erweiterte Öffnungszeiten, wie sie beispielsweise die neuen Regelungen in Bayern zur Entzerrung des Besucherandrangs ermöglichen, sind jedoch kaum Thema, wie eine Umfrage unter Supermarkt- und Discounterketten ergab - auch, um die Mitarbeiter zu schonen.

In vielen Filialen von Aldi, Lidl, Netto, Rewe und Penny würden derzeit Plexiglasscheiben an den Kassen installiert, teilten die jeweiligen Sprecher mit. Dieser sogenannte Spuckschutz soll die Kassiererinnen und Kassierer vor einer Tröpfcheninfektion mit dem Virus Sars-CoV-2 bewahren.

"Als eine von vielen Präventionsmaßnahmen werden kurzfristig zusätzliche Desinfektionsmittel sowie Einmalhandschuhe zum Schutz unserer Mitarbeiter zur Verfügung gestellt", erklärte ein Sprecher von Aldi Nord. Das sind ebenfalls Maßnahmen, die auch die anderen Unternehmen getroffen haben. Überall werde den Kunden zudem empfohlen, möglichst ohne Bargeld zu bezahlen, sondern mit Karte - damit es wenig direkten Kontakt zwischen Menschen gibt. Kein befragtes Unternehmen gab jedoch an, dass Kundenströme durch Zutrittsbeschränkungen gedrosselt würden.

Zum Schutz der Kunden lassen die Ketten im Kassenbereich vieler Filialen Fußbodenmarkierungen verkleben, bei den Netto-Marken-Discount-Filialen, einer Sprecherin zufolge beispielsweise im Abstand von zwei Metern. Ähnliche Hinweise werden in Aldi- und Lidl-Filialen angebracht. Die Netto-Sprecherin verwies zudem auf Selbstbedienungskassen in mehr als 100 Netto-Filialen. Eine Sprecherin von Aldi Süd erklärte: "Wir bitte unsere Kunden auch, auf die wichtigen Hygiene- und Abstandsregeln zu achten." Dabei geht es etwa um die sogenannte Husten- und Niesetikette: in die Armbeuge statt in die Hand oder gar völlig ungeschützt quer durch den Raum.

"Krieg um Klopapier"

Um den Andrang in Supermärkten zu entzerren, hat Bayern die möglichen Ladenöffnungszeiten ausgeweitet - auch auf Sonn- und Feiertage. Doch davon macht keines der befragten Unternehmen Gebrauch. "Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen Ruhephasen, um Kräfte zu sammeln, sich zu erholen, Zeit mit ihren Partnern und Familien zu verbringen", erläuterte die Sprecherin von Aldi Süd.

Zusätzlich zu schaffen machen den Läden sogenannte Hamsterkäufe - etwa beim Klopapier. Zu einem besonders ungewöhnlichen Vorgehen greift der Einzelhändler Michael Glück im rheinland-pfälzischen Rengsdorf: Er verlangt ab der zweiten Packung Klopapier einen Aufschlag, um Hamsterkäufer abzuschrecken, wie er sagte. Wenn eine Lieferung den Laden erreiche, sei sie innerhalb von fünf bis zehn Minuten ausverkauft. Das führe auch zu Streit. "Es herrscht Krieg um Klopapier. Die Kunden holen sich das gegenseitig aus dem Einkaufswagen."

Doch auch andere Produkte werden gebunkert. Die Getränkebranche appelliert an ihre Kunden, Getränke trotz der Angst vor dem Coronavirus nicht massenweise in Kellern und Kammern zu lagern. Es müsse ausreichend Leergut in den Kreislauf des Mehrwegsystems zurückkommen, sagt Julian Schwarzat vom Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels (GFGH). Angespannt sei die Lage vor allem beim Mineralwasser, wenngleich das System nicht vor dem Kollaps stehe.

Leergut im Tausch gegen Klopapier

Verbraucher sollten beim Einkauf das genutzte Leergut bei Mehrweg - Flaschen ebenso wie Kästen - "so bald wie möglich wieder über den Handel zurückzubringen", fordern nun große Verbände wie der Deutsche Getränke-Einzelhandel, der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels (GFGH) und der Verband Deutscher Mineralbrunnen in einer gemeinsamen Erklärung.

Es gebe aber trotzdem ausreichend Nachschub, versicherten die Branchenvertreter. Ein findiger Getränkehändler aus Stuttgart verbindet die Sorge um das Leergut unterdessen mit dem Run auf das Produkt der Stunde: "Kunden, die bei uns Leergut zurückbringen, bekommen als Belohnung eine Rolle Toilettenpapier", sagt Hans-Peter Kastner. Er habe gleich eine ganze Ladung von dem begehrten Gut in Krisenzeiten im Internet bestellt.

Quelle: ntv.de, agr/dpa

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