Wurde "weltweit zu einer Heldin" "Time"-Magazin kürt Gisele Pelicot zur Frau des Jahres
22.02.2025, 16:01 Uhr Artikel anhören
Pelicot verlässt das Gebäude, nachdem die Verteidigung ihr Schlussplädoyer gehalten hat.
(Foto: picture alliance/dpa/AFP)
Das "Time"-Magazin bringt nur die wichtigsten Personen weltweit auf ihr Cover - zumeist Amerikaner und in der Überzahl Männer. Das könnte in der kommenden Ausgabe anders sein. Denn nun werden die wichtigsten Frauen des Jahres gekürt. Eine von ihnen ist Gisèle Pélicot.
Die durch den Vergewaltigungsprozess von Avignon bekannt gewordene Gisèle Pelicot ist vom US-Magazin "Time" zur Frau des Jahres 2025 gekürt worden. Die Entscheidung der Französin, einen Prozess hinter geschlossenen Türen abzulehnen und damit auf ihr Recht auf Anonymität zu verzichten, habe sie "weltweit zu einer Heldin" gemacht, begründete das Magazin seine Entscheidung. Wegen ihres Mutes wurde sie zu einer Ikone für Frauenrechte. Die 72-Jährige hatte ein öffentliches Verfahren gefordert, damit die "Scham die Seite wechselt".
Gisèle Pelicot war von ihrem Mann über Jahre hinweg immer wieder mit Medikamenten betäubt und in Internetforen zur Vergewaltigung angeboten worden. Der Prozess endete mit Haftstrafen für alle Angeklagten. Pelicots Ex-Mann, der Hauptangeklagte Dominique Pelicot, hatte die Höchststrafe von 20 Jahren akzeptiert.
Pélicot hatte sich dafür eingesetzt, dass die Verhandlung gegen ihren Ex-Mann und ihre rund 50 weiteren Vergewaltiger öffentlich stattfindet. Sie setzte durch, dass ein Teil der verstörenden Videos, die Dominique Pelicot von den Vergewaltigungen angefertigt hatte, im Gerichtssaal gezeigt wurde.
Öffentlichkeit bringt Aufmerksamkeit
Der Prozess hatte weltweit Beachtung gefunden. Gisèle Pélicot wurde zum Symbol für den Kampf gegen sexuelle Gewalt gegen Frauen und das Schweigen darüber. Wenn der Prozess wie ursprünglich geplant unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hätte, hätte ihre Geschichte vermutlich weit weniger Aufmerksamkeit weltweit gefunden.
"Ich möchte, dass alle Frauen, die Vergewaltigungsopfer sind, sich sagen, Frau Pelicot hat es getan, wir können es auch tun", hatte die 72-Jährige bei der Eröffnung des Prozesses im September im südfranzösischen Avignon gesagt. "Ich will, dass sie sich nicht mehr schämen. Es ist nicht an uns, sich zu schämen, sondern an ihnen."
"Time" kürt 13 weibliche Führungspersönlichkeiten
Das Magazin schreibt zur Begründung der Entscheidung: "Wenn wir uns im Winter über die Frauen des Jahres Gedanken machen, stellen wir uns immer die gleiche Frage: 'Welches sind die wichtigsten Probleme, mit denen Frauen und Mädchen in der ganzen Welt derzeit konfrontiert sind?' Die Herausforderungen sind vielfältig: von geschlechtsspezifischer Gewalt und Angriffen auf die Rechte der Frauen bis hin zu den Gefahren eines unbeständigen Klimas." Aber überall dort, wo es diese Bedrohungen gäbe, seien auch Führungspersönlichkeiten, zu finden, die sich für Veränderungen einsetzen, so das Magazin weiter. Auf Pelicot und die zwölf weiteren Frauen träfe dies zu.
Pelicot sei eine Frau, "die angesichts einer persönlichen Tragödie auf außergewöhnliche Weise handelte", begründete das "Time"-Magazin seine Entscheidung für die Auszeichnung als Frau des Jahres 2025. Pelicot teilt sich diese Auszeichnung mit elf weiteren Frauen, darunter die Schauspielerin Nicole Kidman, die Turnerin Jordan Chiles und die Basketballspielerin A'ja Wilson. Ihre Geschichten werden in der Ausgabe vom 10. März zu lesen sein.
Seit dem Pelicot-Prozess fordern immer mehr Menschen, den Grundsatz "Nur Ja heißt Ja" im Sexualstrafrecht, der bereits in Spanien und Schweden gilt, auch in Frankreich gesetzlich festzuschreiben.
Quelle: ntv.de, als/AFP