500.000 Tote durch Schweinegrippe? US-Forscher korrigieren WHO
26.06.2012, 13:37 UhrDie Schweinegrippe hat 2009 möglicherweise viel mehr Todesfälle verursacht als bislang angenommen. US-Forscher korrigieren bisherige Annahmen der WHO, die die Todesfälle auf 18.500 beziffert hatte. Neue Schätzungen gehen jetzt von bis zu einer halben Million Toten weltweit aus.
Die 2009 in Mexiko ausgebrochene Schweinegrippe hat weltweit möglicherweise mehr als eine halbe Million Todesfälle verursacht - deutlich mehr, als von der UN-Gesundheitsorganisation WHO bisher angenommen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Gesundheitszentrums von Atlanta im US-Bundesstaat Georgia. Die US-Forscher nehmen erstmals weltweite Schätzungen vor, unter Einbeziehung von Afrika und Asien.
Die WHO bezifferte die Todesfälle durch die Infektion mit dem A(H1N1)-Virus bislang auf 18.500. Die US-Wissenschaftler kamen hingegen zu dem Schluss, dass weltweit zwischen 151.700 und 575.400 Menschen an den Folgen der Schweinegrippe gestorben sind. Die Angaben der WHO basierten ausschließlich auf Laboranalysen, erläutert Fatimah Dawood, die zu der Forschergruppe gehört, in der Wissenschaftszeitung "The Lancet Infectious Diseases". Dadurch seien Afrika und Teile Asiens, wo es nur wenig Angaben über Todesfälle durch Grippen gebe, kaum berücksichtigt worden.
Grundlage der Studie ist ein komplexes Rechenmodell, das Angaben aus zwölf Ländern mit niedrigem, mittleren und hohen Pro-Kopf-Einkommen einbezieht. Außerdem wurden drei Altersgruppen untersucht - Kinder und Jugendliche bis zu 17 Jahren, Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren und über 65-Jährige.
Im Gegensatz zu anderen Grippen tötete das A(H1N1)-Virus vor allem Menschen unter 65 Jahren. Experten vermuten, dass viele Ältere im Laufe ihres Lebens bereits Kontakt mit dem Virus hatten und dadurch Abwehrstoffe entwickelten. An der "normalen" saisonalen Grippe sterben jährlich weltweit ebenfalls zwischen 250.000 und 500.000 Menschen, vor allem Alte.
Pharmalobby unter Verdacht
Die Schweinegrippe hatte sich Anfang 2009 von Mexiko aus über die ganze Welt verbreitet. Im Juni des Jahres erklärte die WHO das Auftreten des neuen Erregertyps zu einer Pandemie und hob die Warnung erst im August 2010 auf. Wegen dieses Vorgehens war die WHO in die Kritik geraten, weil zahlreiche Länder, darunter Deutschland und Frankreich, große Summen für Massenimpfungen ausgegeben hatten. Kritiker mutmaßten, die WHO sei von der Pharma-Lobby beeinflusst worden.
Quelle: ntv.de, AFP