Legal, illegal, egal? Was "irreguläre Migration" eigentlich bedeutet


Wer unerlaubt nach Deutschland einreist, darf trotzdem einen Asylantrag stellen.
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Deutschland diskutiert über "irreguläre Migration", der Umgang damit ist eines der Hauptthemen im Wahlkampf. Doch was verbirgt sich hinter der Formulierung? Und gibt es einen Unterschied zu "illegaler Migration"?
"Irreguläre Migration" ist bestimmendes Thema im Wahlkampf, ihre Bekämpfung, Eindämmung oder ihr Ende haben sich fast alle Parteien auf die Fahne geschrieben. Die Union etwa spricht mal von "irregulärer", mal von "illegaler" Migration, die es zu stoppen gilt. SPD und Grüne hingegen haben sich in ihrer öffentlichen Kommunikation anscheinend auf "irreguläre Migration" verständigt. In der Migrationsforschung wird diese Wortwahl bevorzugt, weil Migration an sich gegen kein Gesetz verstößt, ergo nicht illegal ist.
Die Formulierung zielt zumeist auf die Art der Einreise ab. Regulär nach Deutschland kommt, wer mit seinem Pass visafrei einreisen darf oder sich im Vorfeld ein Visum besorgt hat. Irreguläre Einreise meint im Umkehrschluss, dass die betroffenen Personen beim Grenzübertritt keinen gültigen Aufenthaltstitel besitzen.
Die Bundespolizei spricht in diesem Fall von einer unerlaubten Einreise. Eine Bestrafung verbietet jedoch die Genfer Flüchtlingskonvention, der sich auch Deutschland verschrieben hat. Von Menschen auf der Flucht kann demnach nicht erwartet werden, sich in einer Botschaft um ein Visum zu bewerben. Und selbst wenn, wäre ein solcher Antrag für gewöhnlich erfolglos. Die Grenze legal zu übertreten, ist für viele schlicht nicht möglich.
Von der Grenze in die Legalität
Hat ein Mensch die Grenze nach Deutschland erstmal "irregulär" überquert, ist der Weg in die - zumindest vorläufige - Legalität nicht weit. Denn die meisten stellen rasch einen Asylantrag und dürfen sich daraufhin völlig gesetzeskonform in Deutschland aufhalten, bis ihr Antrag geprüft oder zumindest die Zuständigkeit im Rahmen des Dublin-Verfahrens geregelt ist. Darauf hat nach deutschem und europäischem Recht jede Person Anspruch. Grenzkontrollen ändern daran nichts.
Menschen, die über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügen, halten sich unerlaubt in Deutschland auf. Juristisch befinden sie sich in "aufenthaltsrechtlicher Illegalität". Viele sind mit einem gültigen Visum ein-, nach dessen Ablauf aber nicht wieder ausgereist. Ein negativer Asylbescheid verpflichtet Betroffene theoretisch dazu, Deutschland zu verlassen, zieht aber häufig zunächst eine Duldung nach sich. Eine Ausreise oder Abschiebung ist dann aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich.
Mit der Verwendung von "irregulär" oder "illegal" soll in erster Linie die Suggestion, Migration sei kriminell, vermieden werden - oder eben nicht. Die AfD beispielsweise spricht in ihrem Leitantrag zum geplanten Wahlprogramm konsequent von illegaler Einwanderung oder Einreise, das Wort "irregulär" kommt nicht vor.
Transparent ist weder die eine, noch die andere Formulierung. Will ein Politiker oder eine Partei "irreguläre/illegale Migration" reduzieren, meint das eigentlich nur eines: Es sollen weniger Menschen nach Deutschland flüchten. Und ein Stopp "irregulärer/illegaler" Einreisen bedeutet de facto, so gut wie keine Geflüchteten mehr ins Land zu lassen. Das wiederum wäre nach aktueller Rechtslage illegal.
Quelle: ntv.de