Stadt plant Öffnungen Weimar schert bei Corona-Strategie aus
11.03.2021, 14:09 Uhr
Auf dem Markt in Weimar könnte bald schon wieder mehr los sein.
(Foto: imago images/Schöning)
Ab kommenden Montag sollen die Geschäfte im thüringischen Weimar wieder öffnen. Ende März sollen sogar Besuche von Gastronomie, Theater und Kino wieder möglich sein. Weimar verfolgt eine Strategie, die sich nicht mehr nach der Zahl von Infektionen richtet.
Die thüringische Stadt Weimar will sich in der Coronavirus-Pandemie nicht länger an Inzidenzwerten orientieren. Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens sollen sich ab sofort nach einer selbst ausgearbeiteten "Betten-Inzidenz" richten. So hat es Oberbürgermeister Peter Kleine mit seinem Krisenstab sowie Vertretern von Ärzten und Wirtschaft beschlossen. Das sogenannte "Weimarer Modell" soll eine Normalisierung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens ermöglichen. Es muss vom Gesundheitsministerium aber noch abgesegnet werden. Mit Widerstand rechnet der parteilose Kleine allerdings nicht: "Ich gehe davon aus, dass wir eine einvernehmliche Lösung finden werden."
Das "Weimarer Modell" soll zunächst bis Ende April gelten, in diesem Zeitraum soll das Gesundheitsamt relevante Indikatoren auswerten. Die "Betten-Inzidenz" richtet sich nach der Belegung der Klinik der Stadt. Solange dort nicht 20 Patienten behandelt werden, sieht Kleine es als vertretbar, die Öffnung von Einzelhandel und anderen Bereichen voranzutreiben.
"Gewisse Normalität zurückerlangen"
Die Stadt handelt damit nicht nach den von Bund und Ländern vorgesehenen Öffnungsschritten. Diese würden ohnehin unterschiedlich gehandhabt, was ein Unverständnis den Maßnahmen gegenüber hervorrufe, heißt es. "Es ist meine Pflicht, den Menschen in der Stadt Weimar eine Perspektive aufzuzeigen, die es ihnen ermöglicht, wieder mit Optimismus in die Zukunft schauen zu können und eine gewisse Normalität zurückzuerlangen", sagte Kleine laut Mitteilung. Seiner Meinung nach müssten vor allem schwere Krankheitsverläufe vermieden werden, weswegen "wir den Fokus auf andere Indikatoren lenken, die eine mögliche Überlastung des Gesundheitswesens frühzeitig anzeigen und gleichzeitig eine schnelle Normalisierung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens wieder möglich macht".
Laut Beschluss von Bund und Ländern dürfen seit diesem Montag Geschäfte wieder komplett öffnen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz unter 50 liegt. Bei einer Inzidenz bis 100 darf nach Terminvereinbarung eingekauft werden. In Thüringen allerdings ist die Öffnung des Einzelhandels wegen einer Inzidenz von 100 vorerst vertagt - nun prescht Weimar vor. Zuvor hatte bereits Erfurt geplant, an zwei Tagen Innenstadt-Geschäfte zu öffnen, in denen nach negativem Corona-Test geshoppt werden darf.
Sorge vor Menschen von außerhalb
Die Zahl der Patienten im örtlichen Krankenhaus ist laut Stadt rückläufig. Seit drei Wochen gebe es nicht mehr als 5 Patienten, die Kapazität liege bei mindestens 50 Covid-Betten. Damit sei das Gesundheitswesen der Stadt "bei Weitem nicht überlastet", heißt es. In Weimar liegt die Sieben-Tage-Inzidenz an diesem Donnerstag laut Robert-Koch-Institut bei 61,3.
Nach dem Willen der Stadt öffnen ab Montag zunächst Geschäfte, es folgen Museen und Galerien, ab dem 22. März sollen Außengastronomie, Theater und Kino wieder erlaubt sein. Die sogenannten AHA-Regeln müssen eingehalten werden und die Personenzahl soll abhängig von der Fläche beschränkt werden. Die Stadt verspricht zudem regelmäßige Corona-Schnelltests. Außerdem baut sie auf die Einführung der neuen Luca-App, mithilfe derer Kontakte nachverfolgt werden können.
Kritik am "Weimarer Modell" kommt etwa vom Weimarer Landtagsabgeordneten Thomas Hartung. Er befürchtet, dass Menschen von außerhalb nach Weimar kommen, um von den Lockerungen zu profitieren. So werde sich die niedrige Inzidenz schnell ändern, sagte der SPD-Politiker laut MDR. Außerdem greife der Blick nur auf das Weimarer Krankenhaus zu kurz: Die schweren Covid-Fälle würden in Jena, Bad Berka und Erfurt behandelt, so Hartung.
Quelle: ntv.de, ara