Meldung an Brüssel 1,2 Prozent Staatsdefizit
28.03.2007, 16:11 UhrDer Abbau des Defizits der öffentlichen Kassen kommt schneller voran als bisher geplant. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) will für 2007 ein erwartetes Staatsdefizit von 1,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes an die EU-Kommission melden. Dies kündigte Steinbrück am Mittwoch nach Angaben von Teilnehmern im Haushaltsausschuss des Bundestages an.
Nach dem deutlichen Abbau im vergangenen Jahr will Steinbrück das Defizit von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialkassen damit um weitere 0,5 Prozentpunkte drücken. Der Rückgang ist zugleich ein deutlicher Schritt in Richtung eines ausgeglichenen Etats im Gesamtstaat. Dieser wäre bei anhaltend guter Entwicklung bereits im Jahr 2010 möglich.
Ursache für die günstigere Entwicklung sind der anhaltende Wirtschaftsaufschwung sowie zusätzliche Steuereinnahmen in Milliardenhöhe für den Staat. Zudem sorgt die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt für Entlastung der Sozialkassen.
Die neue Defizitprognose, die Berlin Ende dieser Woche an Brüssel meldet, basiert allerdings noch auf der November-Steuerschätzung. Die zuletzt deutlich positivere Entwicklung spiegelt sich in der neuen Defizitprognose also noch nicht wider. Die nächste Steuerschätzung für die prognostizierten Einnahmen in diesem Jahr sowie die Folgejahre bis 2011 steht im Mai an. Sie ist Grundlage für den Etatentwurf des Bundes 2008 und die mittelfristige Finanzplanung.
Im Haushaltsausschuss warnte Steinbrück den Angaben zufolge vor "spekulativen" und "scheinrationalen Zahlen". Die Ergebnisse der ersten Monaten könnten nicht auf das Gesamtjahr hochgerechnet werden. In der eineinhalbstündigen Aussprache mit Haushaltsexperten aller Parteien habe Steinbrück auch auf die zusätzlichen Ausgabenwünsche aller Ressorts verwiesen. Diese sollen sich auf rund fünf Milliarden Euro summieren. Zudem gebe es Etatbelastungen unter anderem auf Grund noch nicht finanzierter Koalitionsbeschlüsse.
Bisher hatte Steinbrück für 2007 ein Staatsdefizit von 1,5 Prozent veranschlagt. Nachdem sich die Defizitquote aber im vergangenen Jahr auf 1,7 Prozent fast halbiert hatte, stand für 2007 eine Nachbesserung an. Mit einem Rückgang auf 1,2 Prozent erfüllt Steinbrück die Vorgaben des Euro-Stabilitätspaktes. Danach muss das um Konjunktureinflüsse und Sondereffekte bereinigte Strukturdefizit jährlich um mehr als 0,5 Prozentpunkte gedrückt werden. Steinbrück hatte nicht ausgeschlossen, dass am Ende dieses Jahres das Defizit auch stärker als um 0,5 Prozentpunkte gesenkt werden könnte.
Erst zu Wochenbeginn hatten sich die 13 Finanzminister des Euro-Währungsraumes in Brüssel darauf verständigt, Defizite und Schulden schneller abzubauen angesichts des Wirtschaftsbooms. Steinbrück hatte aber klargestellt, dass es in der Euro-Gruppe keine Beschlüsse gegeben habe, nach der ein Mitgliedsland quasi gezwungen sei, über die 0,5 Prozentpunkte hinaus mehr zu tun. EU-Währungskommissar Joaqun Almunia kritisiert, dass Deutschland 2008 wegen der Unternehmensteuerreform und der damit verbundenen Einnahmeverluste bisher keinen weiteren Rückgang des "Strukturdefizits" geplant hat.
Deutschland hatte bis 2005 vier Mal in Folge gegen den Euro-Stabilitätspakt verstoßen, da das Defizit deutlich über der Drei-Prozent-Obergrenze gelegen hatte. Nach dem guten Ergebnis im vergangenen Jahr soll das Strafverfahren gegen Deutschland aber bis spätestens Ende Juni eingestellt werden.
Quelle: ntv.de