Politik

"Finanzkrise hat uns erwischt" 18,5 Mrd. neue Schulden

Die Rezession hinterlässt tiefe Spuren im Bundeshaushalt. Im kommenden Jahr will die Koalition 18,5 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen - acht Milliarden mehr als bisher geplant. Darauf einigten sich Union und SPD in der Nacht zum Freitag im Bundestags-Haushaltsausschuss.

Mit dem zusätzlichen Geld werden wegbrechende Steuereinnahmen und verschobene Privatisierungen ausgeglichen. Außerdem muss das Paket zur Konjunkturstützung bezahlt werden. "Die Finanzkrise hat uns vollends erwischt", erklärten die Haushaltsexperten von Union und SPD. Die Bundesbank rechnet offenbar mit dem stärksten Einbruch der Wirtschaftskraft seit Gründung der Bundesrepublik.

Der Bundestag wird den Bundeshaushalt 2009 in der kommenden Woche verabschieden. Er sieht Ausgaben von 290 Milliarden Euro vor, 2,4 Prozent mehr als in diesem Jahr. Zur Gegenfinanzierung rechnet die Koalition mit Steuereinnahmen von 244 Milliarden Euro. Die verbleibende Lücke wird vor allem mit Schulden und Dividendeneinnahmen aus Bundes-Beteiligungen geschlossen.

2009 wird ein schwieriges Jahr

Finanzminister Peer Steinbrück sagte, das Grundgerüst des Haushalts sei tragfähig. Wegen der Finanz- und Wirtschaftskrise könne niemand sagen, wie sich die Konjunktur entwickele, die Wirtschaft gehe 2009 in ein schwieriges Jahr. Das Ziel der Konsolidierung der Staatsfinanzen werde nicht aufgegeben, die Regierung versuche aber, die Lage zu stabilisieren.

Die Opposition kritisierte, die Koalition habe noch immer keine Antwort auf die Rezession gefunden. Der FDP-Haushälter Jürgen Koppelin monierte einen mangelnden Sparwillen und mahnte Steuersenkungen an. Die Linke verlangte dagegen ein großes Konjunkturprogramm. Die Grünen warfen SPD und Union vor, keine Vorsorge für steigende Arbeitslosenzahlen zu treffen.

Stärkster Einbruch seit 1949

Wie stark das Wachstum tatsächlich einbrechen wird, steht allerdings noch in den Sternen. Mit einer düsteren Prognose wird offensichtlich die Bundesbank im Dezember aufwarten. Teilnehmer an der Haushaltsausschuss-Sitzung sagten, Wirtschaftsminister Michael Glos habe dort die neue Prognose der Zentralbank genannt. Diese rechne damit, dass die Wirtschaft um ein Prozent schrumpfen werde. Das wäre der schärfte Rückgang seit der Gründung der Bundesrepublik. Im Haushalt geht die Regierung dagegen noch von einem Wachstum um 0,2 Prozent aus.

Weniger Steuern, mehr Schulden

Seit der Haushaltsaufstellung durch die Regierung im Juli hat sich die wirtschaftliche Lage drastisch verschlechtert. So wird für den Bund 2009 jetzt mit 2,2 Milliarden Euro geringeren Steuereinnahmen gerechnet. Hinzu kommen Steuerausfälle wegen der zusätzlichen Förderung von Investitionen. Um die Wirtschaft anzuregen, wird zudem mehr Geld in Verkehrsprojekte gesteckt, zudem werden Familien entlastet. Das Banken-Rettungspaket in Höhe von bis zu 480 Milliarden Euro ist im Etat nicht enthalten. Es steckt in einem Schattenbudget beim Sonderfonds SoFFin.

Eigentlich hätte die Neuverschuldung 2009 auf 10,5 von 11,9 Milliarden Euro in diesem Jahr sinken sollen. Das Ziel, 2011 ohne neue Schulden auszukommen, hat die Koalition auf 2013 verschoben. Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Steffen Kampeter, sagte, trotz der Konjunkturkrise würden die Geldschleusen nicht geöffnet. Es werde aber das Notwendige getan. So sei das Bankenrettungspaket die umfangreichste Maßnahme zu Konjunkturstabilisierung seit dem Zweiten Weltkrieg.

Regierung kann umfangreicher für Kredite bürgen

Mit dem Haushalt erweitert die Koalition außerdem den Rahmen, in dem die Bundesregierung für Kreditausfallrisiken der Wirtschaft bürgen kann. Hier wurden gegenüber dem Etatentwurf 50 Milliarden auf 359 Milliarden Euro draufgesattelt. Der Betrag kann mit Einwilligung der Abgeordneten noch um 30 Prozent erhöht werden. Kampeter lehnte allerdings ein in der EU diskutiertes europäisches Konjunkturprogramm mit zusätzlichem Geld aus Deutschland strikt ab: "Wir werden nicht das Geld des deutschen Steuerzahlers investieren, um in Europa Luftschlösser zu bauen."

Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider sagte, trotz der Probleme würden mit dem Haushalt wichtige Schwerpunkte gesetzt, etwa bei den Forschungsinvestitionen. Dort werden die Mittel für Gebäude und Großgeräte um 200 Millionen Euro verstärkt. Wegen der günstigen Preise für Steinkohle werden zugleich bei den Zuschüssen für die Steinkohle knapp 400 Millionen Euro gespart.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen