Politik

Merkel dementiert Schreiben Ai Weiweis Schicksal ungewiss

Mahnwache: Amnesty-Unterstützer demonstrieren in Berlin vor dem Brandenburger Tor.

Mahnwache: Amnesty-Unterstützer demonstrieren in Berlin vor dem Brandenburger Tor.

(Foto: dapd)

Über den Verbleib des vor etwa zwei Wochen inhaftierten chinesischen Künstlers Ai Weiwei ist nach wie vor nichts bekannt. Künstler und Politiker weltweit setzen sich für den Regimekritiker ein. Morgen soll es weitere große Protestaktionen geben.

Die Bundesregierung hat dementiert, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem persönlichen Schreiben an die Führung in Peking für eine Freilassung des chinesischen Künstlers Ai Weiwei eingesetzt habe. Ein entsprechender Bericht des "Spiegel" sei unzutreffend, sagte eine Regierungssprecherin. Unabhängig davon sei die Haltung der Kanzlerin zur Inhaftierung Ais bekannt.

Der "Spiegel" hatte berichtet, Merkel habe sich Ende vergangener Woche in einer persönlichen Botschaft an die Führung in Peking besorgt über Ais Schicksal geäußert und sich für dessen Haftentlassung ausgesprochen. Anfang April hatte die Bundesregierung erklärt, sie sei in großer Sorge darüber, "dass die Festsetzung von Ai Weiwei weiter andauert". Es gebe die Erwartung an die chinesische Regierung, "dass der Künstler umgehend wieder freikommt", sagte seinerzeit Regierungssprecher Steffen Seibert.

Seit seiner Inhaftierung vor rund zwei Wochen fehlt von Weiwei jedes Lebenszeichen. Die chinesischen Behörden werfen dem weltweit erfolgreichen Künstler Wirtschaftsdelikte vor. Dagegen betrachten viele westliche Staaten das Vorgehen Chinas gegen den Regierungskritiker als Verletzung der Meinungsfreiheit. Ende April wollte Ai in Berlin eine Ausstellung eröffnen. Am Mittwoch hatten sich mehrere führende deutsche Politiker in der "Bild"-Zeitung für Ais Freilassung ausgesprochen, unter ihnen Bundesaußenminister Guido Westerwelle und SPD-Chef Sigmar Gabriel.

Mahnwache in Berlin

Verschwunden: Ai Weiwei wurde vor knapp zwei Wochen inhaftiert.

Verschwunden: Ai Weiwei wurde vor knapp zwei Wochen inhaftiert.

(Foto: REUTERS)

Auch der Menschenrechtsausschuss des Bundestags äußert dem "Spiegel" zufolge in einem Brief an Chinas Staatschef Hu Jintao großes Unverständnis über die Festnahme des Künstlers. Der CDU-Menschenrechtspolitiker Michael Brand sagte, Chinas KP müsse die Zwangsjacke für die individuelle Freiheit der Kunst lockern, wenn sie die individuelle Kreativität in Wissenschaft und Wirtschaft stärken wolle. Beides sei nicht voneinander zu trennen.

Die Festnahme hatte in Deutschland und anderen Staaten Proteste ausgelöst. Mit einer Mahnwache haben etwa ein Dutzend Aktivisten der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in Berlin für seine und die Freilassung weiterer Regimekritiker demonstriert. An der Mahnwache vor dem Brandenburger Tor beteiligte sich auch der Präsident der Berliner Akademie der Künste, Klaus Staeck.

"Wir wollen erreichen, dass öffentlich bekannt wird, dass viele Menschen in Deutschland mit der chinesischen Politik nicht einverstanden sind", sagte Amnesty-Aktivist Martin Reiner. Dass sich Amnesty für den Künstler einsetze, zeige, dass es auch um einen politischen Fall gehe, sagte Staeck. Für den 26. April kündigte er ein Akademie-Gespräch zu Ai Weiwei an. Eingeladen sind unter anderen der frühere SPD-Politiker Egon Bahr, Kulturstaatsminister Bernd Neumann und der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger.

Weltweite Aktion am Sonntag

An diesem Sonntag wollen sich Künstler weltweit für Ai Weiweis Freilassung einsetzen. In Anlehnung an Ais documenta-Beitrag "Fairytale" haben die Veranstalter im Internet bei Facebook dazu aufgerufen, in verschiedenen Städten der Welt - darunter auch in Berlin und München - um 13.00 Uhr Ortszeit 1001 Stühle vor chinesischen Botschaften und Konsulaten aufzustellen. Bei Facebook setzen sich bereits mehrere Initiativen für Ais Freilassung ein. 2007 hatte Ai Weiwei auf der documenta 1001 Chinesen nach Kassel kommen lassen und damit für Aufsehen gesorgt.

Angesichts der Festnahme Ai Weiweis geht der Streit um die deutsche Kunstausstellung in Peking weiter. Für den Deutschen Kulturrat wäre ein Abbruch der Ausstellung "kein Desaster". Die schwache Reaktion aus Deutschland auf die Verhaftung zeige das Dilemma staatlich geförderter Kulturprojekte in Diktaturen.

Der Münchner Museumschef Klaus Schrenk, erklärte, ein Ausstieg aus der Ausstellung "Kunst der Aufklärung" im Nationalmuseum Peking sei nur in enger Abstimmung mit der Bundesregierung denkbar. Eine so weit reichende Entscheidung könne nur gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt, Außenminister Westerwelle und der deutschen Botschaft getroffen werden. Die drei Generaldirektoren der beteiligten Museen aus Berlin, Dresden und München könnten so etwas nicht allein entscheiden, betonte der Chef der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen laut einer Sprecherin. Westerwelle hatte am 6. April gegen einen vorzeitigen Rückzug der Ausstellung aus Peking abgelehnt.

Quelle: ntv.de, tis/dpa/AFP/rts

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