Verhaftungswelle in Syrien Altstadt von Daraa gestürmt
02.05.2011, 20:29 UhrDas syrische Regime setzt sein brutales Vorgehen gegen die Proteste fort. Mit Panzern beschießt die Armee die Altstadt von Daraa und stürmt sie anschließend. Zudem rollt eine Verhaftungswelle durch das Land. Mehr als 500 Menschen sollen gefangengenommen worden sein. Darunter auch prominente Menschenrechtler, die als Extremisten hingestellt werden.
In Syrien haben Sicherheitskräfte landesweit Hunderte Regierungskritiker festgenommen. In der Protesthochburg Daraa stürmten Soldaten die Häuser in der vom Militär eroberten Altstadt und nahmen zahlreiche Männer unter 40 Jahren fest, wie Augenzeugen und Menschenrechtsgruppen berichteten. Auch in anderen syrischen Städten seien Demonstranten und Menschenrechtsaktivisten festgenommen worden, darunter die renommierte Regierungskritikerin Diana Dschawabra und der Schriftsteller Omar Chusch.
Gleichzeitig bot die Regierung Teilnehmern der Massenproteste für demokratische Reformen eine Amnestie an. Wer sich zu "strafbaren Handlungen" habe "verleiten" lassen, könne straffrei bleiben, wenn er sich innerhalb von zwei Wochen "ergebe" und seine Waffen an die Behörden abgebe, berichteten syrische Staatsmedien. Dies gelte auch für Demonstranten, die "Waffen getragen und die innere Sicherheit bedroht" hätten, teilte das Innenministerium mit. Zudem sollten die Aufständischen Informationen über "Saboteure, Terroristen und Waffenlager" liefern, um einer Strafverfolgung zu entgehen.
Altstadt von Deraa gestürmt
Die amtliche Nachrichtenagentur Sana meldete, die Armee habe in Daraa Mitglieder einer Extremistengruppe festgenommen, die die Zivilbevölkerung terrorisiert hätten. Bei dem Einsatz seien zehn Extremisten getötet und 499 Verdächtige festgenommen worden. Bei Zusammenstößen seien zudem zwei Mitglieder der Sicherheitskräfte ums Leben gekommen. Die meisten Informationen aus Syrien können von unabhängiger Seite nicht bestätigt werden, da viele Ausländer das Land verlassen haben und Journalisten die Einreise verweigert wird.
Die Armee hatte zuvor die Altstadt von Daraa mit Panzern beschossen und anschließend gestürmt, wie Augenzeugen berichteten. Damit stieß das Militär ins Herz der Protestbewegung vor. In der Stadt soll die Versorgungslage inzwischen schlecht sein. Vor allem Milch fehle, hieß es.
"Nieder mit dem Regime"
Seit Beginn der Demonstrationen gegen Präsident Baschar al-Assad sind nach Angaben von Menschenrechtsgruppen mindestens 560 Zivilisten von Sicherheitskräften getötet worden. Ungeachtet der massiven Staatsgewalt setzten Tausende Syrer ihre Proteste gegen den autoritär regierenden Assad fort. In der zentral gelegenen Stadt Homs riefen die Demonstranten: "Nieder mit dem Regime."
Die Menschenrechtsaktivistin Dschawabra gehörte zu den stärksten Kritikern der Belagerung von Deraa, das auch ihre Heimatstadt ist. Die 39-jährige Aktivistin wurde ihren Kollegen zufolge in einem westlichen Stadtteil von Damaskus vom syrischen Geheimdienst festgenommen. "Sie setzen ihre Festnahmen in allen Städten Syriens fort", sagte der Menschenrechtler Ammar Kurabi. "Sie gehen von Tür zu Tür und nehmen wahllos Leute fest. Wir wissen nicht, wie die Vorwürfe lauten. Niemand weiß es."
Frankreichs Außenminister Alain Juppé sagte dem Radiosender Europe 1, sollte die Regierung Assads die Proteste weiterhin blutig niederschlagen, werde die Regierung stürzen. Die Hoffnung auf Freiheit und Demokratie müsse anerkannt werden.
Quelle: ntv.de, rts/dpa/AFP