Politik

Syrien versinkt in Gewalt Amnesty geißelt Kriegsverbrechen

Laut Amnesty International begeht das Assad-Regime in Syrien schwere Kriegsverbrechen.

Laut Amnesty International begeht das Assad-Regime in Syrien schwere Kriegsverbrechen.

(Foto: dpa)

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft dem Assad-Regime in ihrem jüngsten Bericht schwere Kriegsverbrechen vor und ruft nach dem Internationalen Strafgerichtshof. Die Vorwürfe dürften den Druck auf Damaskus und seine Verbündeten weiter erhöhen: Die USA beschuldigen Russland, Waffen für die Massaker der Regierungstruppen zu liefern.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat der syrischen Regierung vorgeworfen, bei den Kämpfen mit mutmaßlichen Unterstützern der Aufständischen in Syrien Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu begehen. Unter Berufung auf Zeugenberichte aus 23 Städten und Dörfern warf Amnesty den Regierungstruppen und Mitgliedern der regimetreuen Shabiha-Milizen vor, systematisch Gewalttaten gegen Zivilisten zu verüben.

So würden Menschen, die der Unterstützung der Rebellen verdächtigt würden, aus ihren Häusern geholt und erschossen, hieß es in dem 70-seitigen Bericht. Darunter seien immer wieder auch Kinder. Selbst Alte und Kranke würden gefoltert. Armee und Milizen würden  wahllos in Wohngebiete schießen und unbeteiligte Passanten töten.

"Diese verstörenden neuen Beweise für ein Muster schwerer Verstöße unterstreichen die drängende Notwendigkeit eines entschiedenen internationalen Vorgehens", hieß es bei der Vorstellung des neuen Berichts. Die Organisation rief den UN-Sicherheitsrat auf, den Fall an den Internationalen Strafgerichtshof zu überweisen, sowie ein Waffenembargo zu verhängen. "Wo ich auch hinging, habe ich verzweifelte Menschen getroffen, die gefragt haben, warum die Welt zuschaue und nichts mache", sagte Donatella Rovera, die kürzlich für Amnesty in Syrien war, um Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen.

Für den obersten UN-Friedenshüter und Paris ist die Gewalt nach 15 Monaten zum Bürgerkrieg eskaliert. Das Regime von Machthaber Baschar al-Assad wies die Vorwürfe empört zurück und sprach von einem Kampf gegen Terroristen. Mindestens dreißig Menschen wurden am Mittwoch getötet.

"Ich meine, dass das Ausmaß der Gewalt massiv zugenommen hat. So massiv, dass sich damit auch die Natur (der Kämpfe) verändert hat", sagte UN-Untergeneralsekretär Herve Ladsous in New York, der Chef aller Blauhelm-Einheiten ist. Den Vereinten Nationen lägen Berichte vor, nach denen das Regime nicht mehr nur mit Artillerie und Panzern gegen die eigene Bevölkerung vorgehe, sondern inzwischen auch mit Kampfhubschraubern angreife.

Russland soll Waffen für die Massaker liefern

Der Konflikt wird immer mehr zum Zankapfel zwischen den USA und Russland. Die US-Regierung bekräftigte ihren Vorwurf, dass von Russland gelieferte Hubschrauber in Syrien gegen Zivilisten eingesetzt werden. Eine Sprecherin des US-Außenministeriums blieb bei der Darstellung, dass neue russische Angriffshelikopter für das Assad-Regime auf dem Weg nach Syrien seien, wie dies Außenministerin Hillary Clinton erklärt hatte.

Helikopter russischer oder sowjetischer Herkunft würden gegenwärtig überall in Syrien gegen Zivilisten eingesetzt. "Wir sehen, dass auf ihnen (den Hubschraubern) montierte Waffen benutzt werden, um auf Einwohner in Homs, Hama, in Latakia, in Idlib zu feuern", sagte die Sprecherin. Ins selbe Horn wie Clinton stieß auch der französische Außenminister Laurent Fabius. Er sprach von Hinweisen auf russische Waffenlieferungen an Syrien und setzte sich zugleich für eine von den Vereinten Nationen überwachte Flugverbotszone ein.

Erst wenige Stunden zuvor hatte Russland die Vorwürfe Clintons zurückgewiesen. Alle gelieferten Waffen könnten nur zur Verteidigung und nicht gegen friedliche Demonstranten eingesetzt werden, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Um welche Waffen es sich dabei handelt, wurde nicht gesagt. "Ich würde ihn ermuntern, mit seinen eigenen Behörden Rücksprache zu halten", wies die US-Sprecherin die Darstellung des russischen Außenministers zurück.

Russland ist seit Jahrzehnten größter Waffenlieferant Syriens. Gemeinsam mit China zählt das Land zu den letzten Schutzmächten Assads. Beide Staaten haben mit ihrem Vetorecht im UN-Sicherheitsrat in den vergangenen Monaten Resolutionen gegen Syrien verhindert. Nach UN-Angaben haben die syrischen Regierungstruppen seit Beginn des Aufstands im März 2011 mehr als 10.000 Menschen getötet.

UN-Friedensplan steht vor dem Aus

Der Iran warf "einigen Staaten" vor, die Gewalt in Syrien mit Waffenlieferungen an die Regimegegner und dem Einsatz eigener Truppen anzuheizen. Die von Moskau angebotene Syrien-Konferenz biete hingegen die Chance, das Blutvergießen zu beenden, sagte Außenminister Ali Akbar Salehi. Die USA lehnen den russischen Vorschlag jedoch bislang ab, da auch der Iran an dem Treffen teilnehmen soll. Moskau und Teheran sind Verbündete des Assad-Regimes. "Syrien erlebt keinen Bürgerkrieg, jedoch einen Kampf zur Beseitigung des Terrorismus, gegen Tötungen, Entführungen und Lösegeldforderungen, Aggression und Explosionen", teilte das syrische Außenministerium mit. Nach UN-Angaben missbrauchen Soldaten Kinder als menschliche Schutzschilde.

Frankreich forderte verschärfte Sanktionen sowie die rasche Umsetzung des Friedensplans von Sondervermittler Kofi Annan. Die Situation in Syrien könne als Bürgerkrieg eingestuft werden, sagte Außenminister Laurent Fabius in Paris. Sanktionen dürften nicht nur auf die direkte Umgebung von Assad abzielen, sondern müssten auch für hohe Militärs gelten.

Die syrischen Rebellen zogen sich nach eigenen Angaben aus der seit mehr als einer Woche heftig umkämpften Ortschaft Al-Haffa zurück. Eine größere Gruppe von Zivilisten, darunter auch Verletzte, habe sich mit den Kämpfern in der Nacht aus Al-Haffa abgesetzt, sagten Vertreter der Opposition. Regierungstruppen hatten den Ort seit dem vergangenen Dienstag heftig beschossen und eingekreist. Dabei waren nach Angaben von Aktivisten auch Hubschrauber, Panzer und Raketen eingesetzt worden.

Die US-Regierung gibt Annans Friedensplan nur noch vier Wochen Zeit für einen Erfolg. Annan hatte seinen Friedensplan am 10. März vorgelegt, nach einer Frist sollte seit dem 12. April Waffenruhe herrschen - was allerdings nur anfangs weitgehend eingehalten wurde. Als Limit gilt Mitte Juli, wenn der Sicherheitsrat darüber entscheiden muss, ob er die Beobachter-Mission in Syrien verlängert oder nicht.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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