Menschenrechtsbericht Syrien Assad-Truppen vergewaltigen
15.06.2012, 18:35 UhrDie Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" sammelt Augenzeugenberichte aus Syrien. Dabei ergibt sich ein schreckliches Bild: Regierungstruppen missbrauchen bei Hausdurchsuchungen und in Gefängnissen Aufständische sexuell. Die EU ergreift unterdessen Maßnahmen, die Assad nicht wirklich weh tun dürften.

Die Shabiha-Miliz hinterlässt nach ihren "Hausdurchsuchungen" häufig ein Bild der Zerstörung.
(Foto: REUTERS)
Die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" (HRW) wirft den syrischen Sicherheitskräften vor, Gefangene regelmäßig sexuell zu missbrauchen und zu demütigen. Männer, Frauen und selbst Jungen und Mädchen im Alter von zwölf Jahren würden in Gefängnissen und bei Hausdurchsuchungen sexuell missbraucht und gedemütigt. Die Opfer würden vergewaltigt, nackt ausgezogen und an den Geschlechtsorganen mit Elektroschocks oder Gegenständen gefoltert, heißt es in dem Bericht.
Die Täter seien Armeeangehörige, Geheimdienstmitarbeiter und Kämpfer der gefürchteten, regimetreuen Schabiha-Milizen. Der Bericht dokumentiert 20 derartige Übergriffe zwischen dem Beginn der Massenproteste gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad im März 2011 und dem März dieses Jahres. Er stützt sich auf die Befragung von acht Opfern, unter ihnen vier Frauen, und 25 Zeugen. Nicht nur in Haftanstalten kommt es zu Misshandlungen, berichtet HRW. Die Streitkräfte sowie Mitglieder der Assad ergebenen Schabiha-Miliz hätten Frauen und Mädchen auch bei Razzien und Durchsuchungen vergewaltigt und sexuell missbraucht. Zu den Gewalttaten sei es überall in Syrien gekommen, vor allem jedoch in der Hochburg der Aufständischen in Homs.
Dem Friedensplan eine Chance geben
Der Chef der UN-Beobachtermission in Syrien (UNSMIS), Robert Mood, berichtet derweil von einer weiteren Verstärkung der Gewalt: "In den letzten zehn Tagen ist die Gewalt intensiver geworden, mit erheblichen Risiken für unsere Beobachter", erklärte Mood. Er machte beide Konfliktparteien, die Sicherheitskräfte von Präsident Baschar al-Assad und die bewaffneten Aufständischen, für die Eskalation der Gewalt verantwortlich. Mood appellierte sowohl an die Konfliktparteien als auch an die internationale Gemeinschaft, der Mission die Chance zu geben, ihren Auftrag zu erfüllen.
Annans Plan sieht vertrauensbildende Maßnahmen vor, darunter den Abzug der Regimekräfte aus Siedlungsgebieten und den Verzicht der Aufständischen auf Angriffsoperationen. Nach den Massakern, die regimetreue Truppen Ende des Vormonats an Zivilisten in der Umgebung von Homs verübt hatten, hatten viele den Annan-Plan für gescheitert erklärt.
EU verbietet Kaviar-Lieferung
Die Kämpfe zwischen Regime-Streitkräften und Aufständischen hielten mit unverminderter Heftigkeit an. Aktivisten berichteten von intensiven Gefechten in den Provinzen Deir as-Saur, Homs, Aleppo und Damaskus-Land. Zugleich griffen Sicherheitskräfte unbewaffnete Oppositionelle an, die nach dem Freitagsgebet in mehreren Städten auf die Straße gingen, um gegen das Regime zu demonstrieren. Insgesamt starben nach Oppositionsangaben seit Donnerstag mehr als 100 Menschen. In Damaskus explodierte vor einem Flüchtlingslager für Palästinenser ein Sprengsatz. Nach Angaben von Augenzeugen wurden sechs Angehörige der Sicherheitskräfte verletzt, die den Eingang zu dem Jarmuk-Lager kontrollierten.
Frankreich erwägt derweil die Lieferung von Kommunikationsausrüstung an die syrischen Rebellen. Damit solle bewirkt werden, dass sich in der Bevölkerung eine "stärkere Revolte" entwickeln könne, sagte Außenminister Laurent Fabius. Sein Land unterstütze zwar den Friedensplan des Syrien-Sonderbeauftragten Kofi Annan, suche aber auch nach anderen Optionen. An die Bewaffnung der Rebellen denke Frankreich aber nicht, so Fabius.
Die Europäische Union ergreift dagegen eher symbolische Maßnahmen gegen Assad. Für sich und seine Familie darf der Machthaber in der EU keinen Kaviar und keine Trüffel mehr kaufen. Auch teure Schuhe, Uhren und Autos stehen auf einer Liste von Luxusgütern, die wegen der blutigen Unterdrückung der Opposition nicht mehr an den Assad-Clan verkauft werden dürfen.
Quelle: ntv.de, che/dpa/rts