Kampf gegen Nuklear-Terrorismus Atomgipfel einigt sich auf Uran-Kontrolle
13.04.2010, 20:40 Uhr
Obama kann sich über einen ersten Schritt bei der Kontrolle von Atommaterial freuen.
(Foto: AP)
Erfolg für US-Präsident Obama: Um die Welt vor möglichen Atomterroristen zu schützen, sollen innerhalb von vier Jahren hoch angereichertes Uran und Plutonium gesichert werden. Einige Staaten wollen sogar ganz auf waffenfähiges Uran verzichten. Bundeskanzlerin Merkel will die IAEO dabei zur Kontrollinstanz ausbauen.
Die Teilnehmer des Nukleargipfels in Washington haben sich darauf geeinigt, Atommaterial weltweit binnen vier Jahren besser zu sichern. Dadurch wollen die 47 Teilnehmerstaaten verhindern, dass potenziell waffentaugliches nukleares Material in die Hände von Terroristen gerät. Der Gipfel vereinbarte zudem eine engere Zusammenarbeit im Vorgehen gegen den Schmuggel von Atommaterial.
US-Präsident Barack Obama wertete den Atomgipfel als klaren Erfolg im Kampf gegen den Nuklearterrorismus. "Wir haben echte Fortschritte im Bemühen erzielt, die Welt sicherer zu machen", sagte Obama zum Abschluss der Konferenz zur Atomsicherheit in Washington.
Im Entwurf des Abschlusskommuniques, riefen die Teilnehmerländer dazu auf, hochangereichertes Uran und Plutonium - und damit zwei Schlüsselkomponenten für den Bau von Atomwaffen - besser unter Kontrolle zu bringen. Zugleich hoben sie hervor, dass solche Sicherheitsmaßnahmen das Recht der Staaten auf eine friedliche Nutzung der Atomenergie nicht verletzen solle. Künftig solle aber in Atomreaktoren weniger hochangereichertes Uran verwendet werden. "Wir erkennen die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen den Staaten an, um Vorfälle von illegalem nuklearen Handel wirksam zu verhindern", hieß es in dem Entwurf. "Die Teilnehmer bemühen sich, die nukleare Sicherheit zu stärken und die Bedrohung des nuklearen Terrorismus zu verringern."
Obama erneuert Warnung
Zuvor hatte Obama eindringlich vor den Gefahren des Nuklear-Terrorismus gewarnt. Sollte es Gruppen wie Al-Kaida gelingen, an Atomwaffen zu gelangen, wäre dies eine "Katastrophe für die Welt", sagte er. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die Konferenz als ersten wichtigen Schritt, um auf neue, bisher unbekannte Bedrohungen zu reagieren. Obama sprach sich für einen Aktionsplan aus, um innerhalb von vier Jahren alle gefährlichen Substanzen vor Gruppen wie Al-Kaida in Sicherheit zu bringen. Mittlerweile sind weltweit 1500 Tonnen hochangereichertes und waffentaugliches Uran sowie 600 Tonnen Plutonium vorhanden.
"Zwei Jahrzehnte nach dem Ende des Kalten Krieges, sehen wir uns einer Ironie der Geschichte gegenüber: Das Risiko einer nuklearen Konfrontation zwischen den Nationen ist geringer geworden - das Risiko einen nuklearen Angriffs ist dennoch gestiegen", sagte Obama beim größten, von den USA ausgerichteten Gipfeltreffen seit mehr als 60 Jahren. Es müsse gehandelt werden. "Es geht nicht um reine Absichtserklärungen, sondern um wirklichen Fortschritt für die Sicherheit der Menschen." Der Nuklear-Terrorismus sei die größte Einzelgefahr für die Sicherheit auf der Welt, warnte Obama.
Bereits drei Länder verzichten

Konkrete Schritte zum Abbau des Plutoniums vereinbarten US-Außenministerin Clinton und ihr russischer Kollege Lawrow.
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Es gab aber auch bereits konkrete Schritte zur Verringerung des gefährlichen Nuklearmaterials. US-Außenministerin Hillary Clinton und ihr russischer Amtskollege Sergej Lawrow unterzeichneten am Rande des Gipfels ein Abkommen zur Vernichtung von je 34 Tonnen Plutonium ab 2018. Das ist genügend Material zur Herstellung von 17.000 Atombomben.
Zudem hat Mexiko als drittes Land nach der Ukraine und Kanada seinen Verzicht auf waffenfähiges Uran erklärt. Wie das Weiße Haus mitteilte, solle in Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) und den beiden nordamerikanischen Partnern USA und Kanada das verbliebene hoch angereicherte Uran Mexikos durch schwach angereichertes Uran ersetzt werden. US-Präsident Obama begrüßte die Entscheidung Mexikos als "entscheidenden Schritt vorwärts".
Die Staats- und Regierungschefs einigten sich auch darauf, der Internationalen Atomenergiebehörde eine größere Rolle bei der Überwachung der nuklearen Sicherheit einzuräumen.
Deutscher Beitrag
Bundeskanzlerin Merkel sprach sich für international verbindliche Richtlinien zur Kontrolle von Atommaterial aus. Bis 2012 solle es zehn Millionen Euro zusätzlich für eine IAEA-Datenbank geben, bei der alle Teilnehmerländer "mittelfristig" ihre Bestände an Atommaterialien registrieren lassen sollten. Die IAEA werde durch diesen Prozess gestärkt.
Merkel sagte, die von US-Präsident Barack Obama initiierte Konferenz habe einen Prozess angestoßen, der sich mit nuklearer Sicherheit im umfassendsten Sinne und einer elementaren Bedrohung des 21. Jahrhunderts auseinandersetze. "Es geht um die Wahrnehmung der Gefahr und um eine Kultur der Sicherheit, die in der Öffentlichkeit sicher noch nicht so ausgeprägt ist." Die Gefahr, dass Terroristen mit Atommaterial Anschläge verüben wollten, sei real. "Wir sprechen hier nicht über eine hypothetische Frage."
In einem in Washington vorgelegten Positionspapier für den Gipfel erklärte die Bundesregierung, dass Deutschland "seinen Beitrag" zur weiteren Sicherung von Atommaterial leisten werde. Ziel sei es, "die Menge nicht mehr benötigten Nuklearmaterials in Deutschland zu minimieren". Deutschland befinde sich "in Gesprächen mit den ursprünglichen Lieferstaaten über die Rückführung".
Frankreich stellt sich quer
Die Niederlande schlugen die Schaffung eines Sondergerichtshofes in Den Haag vor. Ein solches internationales Nukleartribunal könne Staaten zur Rechenschaft ziehen, die Terroristen Zugang zu atomarem Material ermöglichten oder anderweitig gegen Absprachen zur Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen verstießen, sagte Ministerpräsident Jan Peter Balkenende. Obama habe positiv auf den Vorschlag reagiert.
Frankreich erteilte den Atom-Abrüstungspläne Obamas allerdings eine Absage. Sein Land könne nicht auf Atomwaffen verzichten, sagte Präsident Nicolas Sarkozy am Rande des Gipfels.
Iran nur am Rande

Problemkind: Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad bei der Besichtigung einer Uran-Anreicherungsanlage (Archivbild).
(Foto: AP)
US-Präsident Barack Obama und der chinesische Staatschef Hu Jintao sprachen am Rande des Gipfels auch über das umstrittene iranische Atomprogramm. Obamas Ostasien-Berater Jeff Bader sagte, beide Politiker hätten sich auf die gemeinsame Arbeit an neuen Strafmaßnahmen im UN-Sicherheitsrat verständigt. Merkel sah nach eigenen Angaben eine "positive Entwicklung, wenngleich sie langsam verläuft und man nicht sagen kann, ob sie zu Sanktionen führt." China sei jetzt aber "Teil des Prozesses".
Chinas Außenministerium teilte unterdessen mit, Peking halte "Dialog und Verhandlungen" weiterhin für den besten Weg. "Druck und Sanktionen" seien keine Lösung. Im Streit mit dem Iran dringen die USA auf eine neue Runde von UN-Sanktionen - was China im Sicherheitsrat durch ein Veto verhindern könnte.
Quelle: ntv.de, AFP/rts/dpa