AKW-Streit bei Maischberger "Atomkraftwerke sind kein Spielzeug"
07.09.2022, 02:38 Uhr
Habeck ist für sein Handling der Energiekrise von vielen Seiten in die Kritik geraten.
Bundeswirtschaftsminister Habeck verteidigt seinen Plan, im Winter zwei Atomkraftwerke als Notfallreserve am Netz zu lassen. In der ARD-Talkshow "Maischberger" kündigt er außerdem weitere Hilfen für mittelständische Unternehmen an.
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat seine Pläne verteidigt, ab dem nächsten Jahr zwei Atomkraftwerke als Notfallreserve laufen zu lassen. Die betreffenden AKWs seien darauf ausgelegt gewesen, Ende des Jahres vom Netz zu gehen. Darum hätten bestimmte Sicherheitsüberprüfungen nicht stattgefunden, sagte der Minister in der ARD-Sendung "Maischberger". "Die Leichtfertigkeit - oder auch manchmal die Wankelmütigkeit, die bei der Diskussion um den Erhalt der Atomenergie zu beobachten ist, finde ich irritierend."
Bei dem von seinem Ministerium geforderten Stresstest habe sich herausgestellt, dass Deutschland ein Energieproblem bekommen könne, wenn die aktuellen Probleme im Ausland nicht gelöst würden. So müssten zum Beispiel in Frankreich Atomkraftwerke, die aktuell nicht liefen, wieder ans Netz gehen. Ein weiteres Problem könne sich ergeben, wenn der Pegelstand des Rheins niedrig bliebe und die Wasserreservoirs in den Alpen nicht aufgefüllt werden könnten. "Auf dieses Szenario müssen wir uns vorbereiten."
Der Stresstest zeige aber auch, dass Deutschland keine Strom- und Energiesorgen habe, wenn diese Probleme gelöst würden. Die Entscheidung sei richtig und klug gewesen. Bei der Lösung möglicher Probleme spielten Atomkraftwerke nur eine marginale Rolle, so Habeck. "Wir müssen am Energiesystem etwas ändern, und daran arbeiten wir." Hier gehe es aber um Atomkraftwerke, "und Atomkraftwerke sind kein Spielzeug", so der Minister.
FDP pocht auf Atomkraft
Eine Lücke bei der Stromstabilität könne nur durch ein Maßnahmenbündel gestopft werden. Dazu könnten die Eindämmung unnötiger Energieverbräuche und die Zuschaltung neuer Energiequellen gehören, so Habeck.
Indirekt kritisierte der Politiker Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder, der sich für einen Weiterbetrieb der drei noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke ausspricht. "Wenn ein Land sich dafür entscheidet, aus Kernenergie und Kohleenergie auszusteigen, sich aber permanent dagegen sperrt, etwas aufzubauen wie alternative Energie oder die nötigen Stromnetze, dann hat man natürlich ein Problem."
Habeck hatte am Montagabend erklärt, er wolle die Atomkraftwerke Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim in Baden-Württemberg länger laufen lassen als bisher geplant. Sie sollten ab Januar als Reserve bei möglichen Energieproblemen zur Verfügung stehen. Während sich der Koalitionspartner SPD bereits für diese Lösung ausgesprochen hat, ist die FDP als dritte Partei der Ampelregierung dagegen. FDP-Fraktionschef Dürr hatte im Morgenmagazin von ARD und ZDF am Dienstag gemahnt, wegen des russischen Gaslieferstopps sei nun jede Kilowattstunde wichtig.
Unterstützung für Mittelständler
Habeck kündigte zudem ein Hilfsprogramm für bedrohte mittelständische Branchen an. Auch wenn er nicht von einer Insolvenzwelle ausgehe, müssten bestimmte Unternehmen ähnlich wie in der Corona-Krise unterstützt werden, weil sie ihre Produktion möglicherweise kurzfristig einstellen müssten. Als Beispiel nannte er Bäckereibetriebe, bei denen nicht nur die hohen Strom- und Gaspreise, sondern auch die gestiegenen Preise für Rohstoffe wie Weizen die Kosten in die Höhe trieben. Sein Ministerium arbeite gerade ein Programm aus, diesen Betrieben zu helfen.
"Es wird ein harter Winter werden", so Habeck. Es werde auch finanzielle Zumutungen geben für die Bevölkerung. "Aber wenn wir diesen Winter überstehen, wird es danach leichter werden", prognostiziert der Minister.
Quelle: ntv.de