Rund 560 bis 720 Kilometer Ausmaß des Tunnelnetzes in Gaza überrascht Israel
16.01.2024, 20:18 Uhr Artikel anhören
Ein Tunnel in Gaza soll so breit sein, dass ein hoher Hamas-Funktionär mit seinem Auto hineinfahren konnte. Ein anderer soll sich über fast drei Fußballfelder erstrecken.
(Foto: picture alliance / Xinhua News Agency)
Das Tunnelnetz unter dem Gazastreifen scheint wesentlich länger zu sein als erwartet. Ursprünglich ging Israel von einer Länge von 400 Kilometern aus. Laut einem Medienbericht muss die Zahl nun wesentlich nach oben korrigiert werden. Umfang, Tiefe und Qualität des Systems machen einen Sieg schwierig.
Das Tunnelnetz der islamistischen Hamas im Gazastreifen ist laut einem US-Medienbericht womöglich länger als bislang von Israel angenommen. Es sei schätzungsweise rund 560 bis 720 Kilometer lang, meldete die "New York Times" unter Berufung auf hochrangige israelische Verteidigungsbeamte. Noch im Dezember gingen israelische Schätzungen dem Bericht zufolge davon aus, dass das Tunnelsystem unter dem Palästinensergebiet rund 400 Kilometer lang ist. Die Zahlen ließen sich gegenwärtig nicht unabhängig überprüfen.
Der Gazastreifen selbst hat eine Länge von rund 45 Kilometern und eine Breite von etwa sechs bis 14 Kilometern. Er ist kaum größer als München. Zum Vergleich: Das U-Bahn-Netz der bayrischen Landeshauptstadt umfasst eine Strecke von 95 Kilometern. Umfang, Tiefe und Qualität der Tunnel hätten israelische Soldaten und Regierungsvertreter überrascht, hieß es in dem Bericht der "New York Times" weiter. Es gebe zudem rund 5700 separate Schächte, die zu den unterirdischen Gängen führten. Demnach könnten sich allein unterhalb der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens rund 240 Kilometer Tunnel befinden. Israels Armee soll demnach im Gazastreifen Dokumente wie Karten gefunden haben, mit deren Hilfe sie die Tunnel und ihre Eingänge ausfindig machen soll.
Das israelische Militär hatte zuvor publik gemacht und durch Videos dokumentiert, dass ein Tunnel in Gaza so breit war, dass ein hoher Hamas-Funktionär mit seinem Auto hineinfahren konnte. Ein anderer Tunnel habe sich über fast drei Fußballfelder erstreckt und sei unter einem Krankenhaus versteckt gewesen. Unter dem Haus eines hochrangigen Hamas-Befehlshabers habe das israelische Militär eine Wendeltreppe gefunden, die zu einem etwa sieben Stockwerke tiefen Tunnel führte.
Tunnel machen Israels Sieg gegen Hamas schwierig
Israelische Soldaten zerstörten Armeeangaben zufolge in den vergangenen Monaten viele Kilometer der unterirdischen Routen. Beobachter gehen davon aus, dass sich die Führungsspitze der Hamas in den Tunneln versteckt und sich vermutlich mit den beim Massaker am 7. Oktober aus Israel verschleppten Geiseln umgibt. Es sei deshalb schwierig, die Hamas zu besiegen. Die Zerstörung der freigelegten Tunnel dauere zudem länger, als es der für den Militäreinsatz angedachte Zeitplan vorgesehen habe, hieß es in einem Bericht der israelischen Tageszeitung "Haaretz".
Unter anderem hatte die israelische Armee nach eigenen Angaben im Gazastreifen eine große unterirdische Waffenfabrik entdeckt. Dort hat die Terrororganisation demnach unter anderem Langstreckenraketen hergestellt und gelagert. Die Produktionsstätte soll mit einem 30 Meter tiefen Tunnelsystem verbunden sein. Einige der Tunnelschächte mit den darin lagernden Raketen und Granaten in Bureidsch im Zentrum des Gazastreifens seien 30 Meter tief, erklärte die Armee. Die Tunnel seien Teil eines Netzwerks, das Hamas-Kämpfer im gesamten Gazastreifen verbinde. Zudem hatten Armeevertreter Journalisten zahlreiche Waffenfabriken und Tunnel in dem Palästinensergebiet gezeigt, welche die Hamas zu militärischen Zwecken nutzte.
Quelle: ntv.de, gut/dpa/AFP