Ermittlungen gegen Journalisten Ausschuss hat selbst Zweifel
04.08.2007, 16:25 UhrDie Ermittlungen der Justiz gegen Journalisten wegen der Veröffentlichung geheimer Informationen sind auch im BND-Untersuchungsausschuss umstritten. Das hohe Recht der Pressefreiheit "darf hierbei nicht beeinträchtigt werden", erklärte der stellvertretende Ausschuss-Vorsitzende Michael Hartmann (SPD) am Samstag.
Die Ermittlungen gegen eine Reihe von Journalisten von der "Süddeutschen Zeitung" über den "Spiegel" bis zu "Die Zeit" hatten einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Es geht um den Vorwurf, dass sie aus Geheimakten des BND-Ausschusses zitiert und sich damit der Beihilfe zum Geheimnisverrat schuldig gemacht hätten. Nach Angaben der federführenden Berliner Staatsanwaltschaft richten sich die Ermittlungen auch gegen Abgeordnete.
Hartmann sagte, er sei der Ansicht des Ausschuss-Vorsitzenden Siegfried Kauder (CDU) gefolgt, den Verdacht eines Geheimnisverrats anzuzeigen. "Dabei sollen die Ermittlungen nur gegen die eingeleitet werden, die den Geheimnisverrat auch tatsächlich begangen haben und nicht gegen die, die nur ihren Informationspflichten nachkommen."
"Pressefreiheit stelle ich mir anders vor"
Das SPD-Ausschussmitglied Johannes Jung sagte ebenfalls, er sei für die Ermittlungen gewesen. Er sei aber nicht davon ausgegangen, dass auch gegen Journalisten ermittelt werde. "Der Sinn des Beschlusses war, undichte Stellen auf der politischen Seite und rund um die Ausschussmitglieder aufzudecken." Auf die Frage, ob es ihn störe, dass Journalisten Ziel der Ermittlungsbehörden geworden sind, sagte Jung: "Pressefreiheit stelle ich mir anders vor, aber ich kann die Aufregung auf Medienseite auch nicht ganz verstehen."
Das Linke-Ausschussmitglied Wolfgang Neskovic bezeichnete die Ermittlungen als "verfassungspolitisch völlig verfehlt". Das Strafgesetzbuch müsse geändert werden, "damit Journalisten grundsätzlich nicht mehr wegen Anstiftung oder Beihilfe zum Geheimnisverrat belangt werden können", sagte er. Nach seiner Einschätzung haben mehr als 100 Personen Zugriff auf die Geheimpapiere.
Der Kölner Verleger Alfred Neven DuMont nannte die Ermittlungen einen "grotesken Vorgang" und wertete sie als "Angriff auf die Tagespresse". Es sehe so aus, als sollten "die zweifelhaften Vorgänge, die jetzt aufgedeckt worden sind, statt den Verursachern der Presse in die Schuhe geschoben werden", schrieb Neven DuMont.
Bütikofer: "Skandal"
Der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer hat die Ermittlungen als Skandal bezeichnet. "Und die Forderung kann nur sein, dass diese Verfahren unmittelbar eingestellt werden sollen", sagte er. Leider sei der Bundestag im Mai dem Grünen-Vorschlag nicht gefolgt, ein Gesetz zu beschließen, das die Eröffnung solcher Verfahren verhindern würde. Da müsse Klarheit geschaffen werden durch den Gesetzgeber. "Es kann nicht sein, dass Journalisten, die ihre Pflicht tun aufzudecken, was möglicherweise das Licht der Öffentlichkeit scheut dann hinterher verfolgt werden dürfen."
Quelle: ntv.de