Ungewissheit zum 60. Geburtstag BKA am Scheideweg
08.03.2011, 11:09 Uhr60 Jahre Bundeskriminalamt, aber statt Feierlaune herrscht bei den Mitarbeitern eher Katerstimmung. Über ihnen schwebt wie ein Damoklesschwert die mögliche Fusion mit der Bundespolizei.
Ein runder Geburtstag ist immer ein schöner Anlass zum Feiern, auch für eine Behörde. Doch den Mitarbeitern des Bundeskriminalamts ist die Partylaune gründlich vergangen. Denn zum 60-jährigen Bestehen bangen sie um Identität und Funktionsfähigkeit ihres Arbeitgebers, sollte es zur vorgeschlagenen Eingliederung in die Bundespolizei kommen. Noch haben sie Schonfrist.
Wann eine Entscheidung fällt, ist nach dem überraschenden Wechsel an der Spitze des Bundesinnenministeriums unklar. Der bisherige Minister Thomas de Maizière wollte BKA-Präsident Jörg Ziercke eigentlich erläutern, wie es für die Polizeibehörde in Wiesbaden weitergeht - einen Tag nach dem Behörden-Geburtstag. Diesen Termin hat der neue Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nach de Maizières Wechsel in das Verteidigungsressort erst einmal ohne neues Datum verschoben. Er will sich in Ruhe mit dem Thema auseinandersetzen. Im BKA keimt die Hoffnung, dass die Argumente gegen eine Fusion bei Friedrich Gehör finden.
Gewerkschaften protestieren
BKA-Chef Ziercke gilt als Gegner der Pläne. Im Kampf gegen die befürchtete Zerschlagung des BKA kann er auf breite Unterstützung aus seinem Haus zählen. Bei den mehr als 5000 Mitarbeitern in Wiesbaden, Berlin und Meckenheim bei Bonn herrschte blankes Entsetzen, als im Dezember eine Kommission mit dem früheren Verfassungsschutzpräsidenten Eckart Werthebach an der Spitze den Reformvorschlag unterbreitete - und de Maizière dafür Sympathie zeigte. Ziercke selbst will derzeit nicht öffentlich Position beziehen.
Dafür nehmen die Gewerkschaften kein Blatt vor den Mund. "Es ist in vielerlei Hinsicht ein grober Fehler, das BKA aufzulösen", sagt Jürgen Vorbeck, Vorsitzender des Bezirks Bundeskriminalamt der Gewerkschaft der Polizei. Befürchtet wird unter anderem, dass die Polizeibehörde bei ihrer wichtigsten Aufgabe, dem Kampf gegen Terror, geschwächt werden könne. Dies sei von der Werthebach-Kommission überhaupt nicht berücksichtigt worden, kritisiert auch Brigitte Becker, Vertreterin der Deutschen Polizeigewerkschaft beim BKA. "Islamistischen Terror gibt es in diesem Papier nicht."
Dabei hatte das BKA gerade in diesem Bereich große Erfolge in den vergangenen Jahren gefeiert. Zum Beispiel bei den Ermittlungen gegen die islamistische Sauerland-Gruppe, wodurch verheerende Anschläge in Deutschland verhindert wurden.
Das BKA als Marke
Gewerkschaftsvertreter Vorbeck weist auch darauf hin, dass sich das BKA weltweit einen Ruf erarbeitet habe, was viel Energie gekostet habe. "Viele identifizieren sich damit. Diese Marke soll sang- und klanglos verschwinden?" Auch wenn das deutsche BKA nicht mit der amerikanischen Behörde gleichzusetzen sei: "Das ist genau so, als ob sie das FBI auflösen würden", sagt Vorbeck. Auch wenn es zu keiner Komplettauflösung des BKA bei einer Fusion komme, denke das Innenministerium darüber nach, bestimmte Bereiche wie etwa die Kriminaltechnik auszulagern. "Das würde natürlich unsere Arbeit nicht erleichtern."
Doch die Struktur steht nun auf dem Prüfstand - 60 Jahre nach der Gründung. Am 8. März 1951 hatte der Bundestag das BKA-Gesetz verabschiedet und so die Geburt der länderübergreifenden Polizeibehörde eingeleitet - mit anfangs 355 Stellen. Der Apparat wuchs rasch, die Terrorzeiten der RAF in den 70er und 80er Jahren gaben nochmals einen Riesenschub. Der als Terroristenjäger legendär gewordene Präsident Horst Herold führte seinerzeit unter anderem die Rasterfahndung ein. Das Vergangene zählt aber nicht mehr.
Anders als vor zehn Jahren begeht das BKA seinen runden Jahrestag diesmal nicht mit einem großen Festakt. Am 8. März wird nur intern darauf angestoßen, obwohl eigentlich niemandem danach zumute sein dürfte. Sekt oder Selters, diese Frage stellt sich für Ziercke wohl auch dann, wenn der neue Innenminister ihm seine Entscheidung verkündet. Wann das sein wird, ist derzeit völlig unklar.
Quelle: ntv.de, Jan Brinkhus, dpa