"So langsam reicht es" Bahn und SPD stellen sich quer
10.08.2011, 20:14 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Deutsche Bahn lehnt den Kompromissvorschlag von Stuttgart-21-Schlichter Geißler ab. Eine Berechnung habe ergeben, dass die Kombination aus Kopf- und Tiefbahnhof zu teuer sei. Auch eine Verständigung zwischen den Koalitionspartnern der baden-württembergischen Regierung ist anscheinend ausgeschlossen.
Die Deutsche Bahn lehnt den Kompromissvorschlag des Stuttgart-21-Schlichters Heiner Geißler kategorisch ab. "So langsam reicht es ja mit den Varianten. Wir müssen nämlich bauen", sagte Wolfgang Dietrich, der Sprecher des Bahnprojekts. Die Bahn habe den Vorschlag durchgerechnet und komme auf Kosten von 5,2 Milliarden Euro - was deutlich teurer wäre als die heutige Kalkulation für Stuttgart 21. Diese Zahl hatte auch die Stadt Stuttgart genannt.

S21-Befürworter Schmiedel kann mit dem Vorschlag Heiner Geißlers nichts anfangen.
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Dietrich sagte, dass aber auch andere Punkte gegen das Modell sprächen. So müssten genauso wie für Stuttgart 21 Grundwasser abgepumpt werden und Tunnel gebaut werden - wogegen die S-21-Gegner vehement protestierten. Hinzu komme, dass eine neue Planung nötig sei, was das Bahnprojekt um Jahre zurückwerfen würde. Geißler hatte vorgeschlagen, statt des unterirdischen Durchgangsbahnhofs eine Kombilösung aus überirdischer Station für den Regional- und unterirdischer für den Fernverkehr zu bauen.
Auch SPD lehnt Vorschlag ab
Auch die in Baden-Württemberg mitregierende Südwest-SPD will den Vorschlag Geißlers auf keinen Fall mittragen. Der SPD-Fraktionschef und Stuttgart-21-Befürworter Claus Schmiedel sagte: "Niemand kann die Grünen daran hindern, weiter auf diesem Vorschlag rumzureiten. Aber ein Projekt der grün-roten Koalition wird das nicht."
Der SPD-Politiker erteilte damit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) eine klare Absage. Kretschmann, der Stuttgart 21 noch verhindern will, hatte sich für eine vertiefte Prüfung des Kompromissvorschlags ausgesprochen.
Geißlers Plan für einen verkleinerten Kopfbahnhof für den Regionalverkehr und eine viergleisige Durchgangsstation für die Fernzüge habe sich als "Fata Morgana" entpuppt. "Dieser angebliche Kompromiss ist nicht bezahlbar und würde den Stand der Planung auf Null drehen", so Schmiedel. Die SPD-Fraktion sei nicht bereit, den Vorschlag weiter zu verfolgen. "Wir gehen jetzt in die Volksabstimmung über Stuttgart 21." Der 60-Jährige warnte die Grünen davor, dieses Vorgehen, das im Koalitionsvertrag festgelegt ist, zu umgehen. "Wer die Volksabstimmung infrage stellt, stellt die Koalition infrage."
Kretschmann zweifelt
Kretschmann sagte im "Stern", er gebe die Hoffnung nicht auf, dass Stuttgart 21 durch den Volksentscheid im Spätherbst noch beerdigt werden kann. "Es kann ja sein, dass die geplante Volksabstimmung ein Wunder schafft."
Dennoch müssten die Stuttgart-21-Gegner auch sehen, dass die Grünen das Projekt nicht einfach kippen könnten. "Es ist ein fundamentaler Irrtum, dass es eine Gewähr dafür gibt, dass man all seine Ziele erreicht." Es sei in der Vergangenheit nur sehr selten gelungen, Entscheidungen für Großprojekte wieder zurückzuholen. "Ich kann nicht ungeschehen machen, was meine Vorgänger beschlossen haben." Es gelte aber weiter sein Versprechen aus dem Wahlkampf, dass er alles tun werde, um dieses Projekt zu verhindern.
Die Spitzen von Grün-Rot wollen sich an diesem Donnerstag in einer Telefonkonferenz auf das weitere Vorgehen im Streit um das Milliardenprojekt verständigen.
Hermann findet Geißlers Vorschlag gut
Im "Stern" warb Kretschmann für Geißlers Plan: "Ich meine, wir sollten uns die Zeit nehmen, diesen Vorschlag wirklich zu prüfen. Ich hoffe, dass die SPD auch sieht, was für Chancen in ihm stecken." Schmiedel entgegnete: "Das Wiederaufgreifen dieses Vorschlags ist ein durchsichtiges Manöver, um Stuttgart 21 zu Fall zu bringen. Man sollte mit diesem Thema ehrlich umgehen und nicht so tun, als ließe sich dieser Konflikt durch eine Scheinlösung beseitigen." Auch die Stadt Stuttgart und die Region, die Stuttgart 21 mitfinanzieren, hatten sich bereits strikt gegen den Geißler-Plan ausgesprochen.
Das Verkehrsministerium von Winfried Hermann (Grüne) hält Geißlers Kombi-Lösung dagegen verkehrlich für durchaus tragfähig. "In der Gesamtschau ist es überwiegend positiv", betonte Hermanns Sprecher Edgar Neumann.
Quelle: ntv.de, dpa