Aufenthalt in Terrorlagern Bald Haftstrafen möglich
14.01.2009, 13:38 UhrDer Aufenthalt in einem Terrorlager soll bald strafbar sein. Das Kabinett beschloss einen von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgelegten Gesetzentwurf. Demnach können künftig auch Einzeltäter bestraft werden, wenn sie mit der Absicht eines Terroranschlags ein Ausbildungslager besuchen oder Waffen kaufen. Vertreter der Opposition kritisierten die Pläne der Regierung scharf.
Für die Vorbereitung einer "schweren staatsgefährdenden Gewalttat" sollen dem Gesetzentwurf zufolge Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren verhängt werden können. Darüber hinaus soll künftig auch schon strafbar sein, wenn jemand mit der Absicht einer terroristischen Straftat lediglich Kontakt zu Terrorgruppen aufnimmt, etwa um sich über eine Terrorausbildung zu informieren. Zusätzlich will die Regierung die Verbreitung von Anleitungen zum Bau von Sprengsätzen unter Strafe stellen.
Bewegung auf heiklem Terrain
Zypries räumte ein, dass sich die Bundesregierung damit auf verfassungsrechtlich heiklem Terrain bewege. "Wir betreten mit dieser weiteren Vorverlagerung von Strafbarkeit juristisches Neuland", sagte sie der Zeitung "Die Welt" vom Mittwoch. Das sei "verfassungsrechtlich nicht unumstritten, weil Strafrecht immer nur das letzte Mittel bei der Kriminalitätsbekämpfung sein kann". Die Grundidee des Strafrechts sei es eigentlich, den Täter für etwas zu sanktionieren, was er bereits getan hat, sagte Zypries. "Nun aber wird jemand schon dafür bestraft, dass er Kontakt zu einer Terrorgruppe aufnimmt oder sich im Umgang mit bestimmten Waffen oder Stoffen schulen lässt. Wir bewegen uns damit sehr weit im Vorfeld einer Tat."
Dennoch rechtfertigte die Ministerin den Gesetzentwurf. "Wir begegnen diesen verfassungsrechtlichen Bedenken, indem wir subjektiv den Anschlagswillen des Täters fordern. Dadurch ziehen wir eine klare Trennlinie zu einer unverhältnismäßigen Ausweitung der Strafbarkeit", sagte Zypries. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte diese subjektive Komponente für verzichtbar gehalten.
Scharfe Kritik von der Opposition
Von der Opposition kam scharfe Kritik an dem Gesetzentwurf. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen, erklärte, die Regierung verabschiede sich damit von anerkannten rechtsstaatlichen Grundsätzen. Die Strafbarkeit werde so weit ins Vorfeld verlagert, dass ein Bezug zu einer möglichen Haupttat kaum mehr erkennbar sei. "Damit verschwimmen die Grenzen zwischen Strafverfolgung und Gefahrenabwehr", erklärte van Essen. Zudem bleibe offen, wie der Vorsatz zu einer schweren Gewalttat nachgewiesen werden solle.
Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Ulla Jelpke, erklärte, nach dem Gesetzentwurf solle keine konkrete Straftat mehr verfolgt werden, sondern "bereits eine Gesinnung, die zu einer solchen Tat führen kann". Wie diese Gesinnung nachzuweisen sei, bleibe "das große Geheimnis der Gedankenleser im Bundeskabinett." Zudem öffne der Gesetzentwurf "der Verfolgung politisch missliebiger Personen Tür und Tor."
Quelle: ntv.de