Politik

König sucht nach Ausweg Belgien wieder in der Krise

Das Rücktrittsgesuch von Premierminister Yves Leterme hat Belgien erneut in eine tiefe politische Krise gestürzt. Nun sucht König Albert II. mit ungewöhnlichen Schritten nach einem Ausweg. Nach nur vier Monaten im Amt hatte Leterme dem Monarchen in der Nacht zum Dienstag seinen Rücktritt angeboten, weil er keine fristgerechte Lösung für die versprochene Staatsreform gefunden hatte. Hintergrund der verfahrenen Situation ist der Dauerstreit zwischen Flamen und Wallonen um Einfluss und Macht.

Der König ließ Letermes Rücktrittsgesuch zunächst ruhen. Er lud die Ministerpräsidenten der wichtigsten Regionen zu Krisengesprächen in den Palast - ein Novum bei politischen Problemen auf der Ebene des mehrsprachigen Gesamtstaats.

Die Gegensätze der verschiedenen Sprachgruppen über die Schaffung eines neuen Gleichgewichts im Staat seien "heute nicht zu überbrücken", erklärte der Noch-Regierungschef nach der nächtlichen Audienz. Eine Staatsreform bleibe aber ein wesentlicher Teil der Koalitionsvereinbarung. Leterme hatte zuletzt vorgeschlagen, die Regionalregierungen in die Verhandlungen einzubeziehen.

Reform blockiert alles

Hintergrund ist der Streit zwischen niederländischer und französischer Sprachgemeinschaft über die Neuordnung staatlicher Zuständigkeiten. Leterme hatte beim Start seiner Regierung vor Ostern versprochen, bis zum 15. Juli konkrete Vorschläge für die Reform auszuhandeln. Der Bildung seiner Koalition aus Konservativen und Liberalen beider Sprachgruppen sowie frankophonen Sozialisten war die längste Krise in der Geschichte des Landes vorausgegangen.

Die flämischen Sozialisten verlangten Neuwahlen. "Wenn Premierminister Yves Leterme nicht in der Lage ist, die Krise zu entschärfen, dann müssen Neuwahlen her", sagte die Parteivorsitzende Caroline Gennez, deren Formation der Fünf-Parteien-Koalition nicht angehört. Vize-Premier Didier Reynders von den frankophonen Liberalen sprach sich hingegen für eine Fortsetzung der Regierung aus - "mit Leterme als Premierminister".

Nur noch wenige Möglichkeiten denkbar

"Der König zieht nun sowohl Mitglieder der Mehrheit als auch der Opposition zurate, um zu sehen, ob die heutige Formation fortgesetzt werden kann und wenn nicht, ob eine Alternative geprüft werden muss", sagte Professor Mark Van den Wijngart, der an der Katholischen Universität Brüssel Politikgeschichte lehrt und als Kenner des Königshauses gilt. Man habe allerdings schon so viele Formeln geprüft, dass nur noch wenige Möglichkeiten denkbar seien.

Das belgische Parlament sagte seine Sitzung ab, in der Leterme am Dienstag eine Regierungserklärung zum Stand der Reform hatte abgeben sollen. Flämische Nationalisten forderten unterdessen einen Alleingang des niederländischsprachigen Landesteils. Nach Letermes Scheitern müsse nun ein "Plan zur Erbteilung" her, verlangte die separatistische Partei Vlaams Belang.

Yves Leterme hatte die Wahl vom 10. Juni 2007 mit großem Vorsprung gewonnen. Seine flämischen Christdemokraten waren dazu ein Bündnis mit der nationalistischen Flamen-Partei NV-A eingegangen. Dieser Bündnispartner widersetzte sich Reformideen, die für die frankophonen Parteien in Letermes Koalition akzeptabel gewesen wären. Umgekehrt lehnten die Frankophonen weitreichende Vorschläge der Flamen ab.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen