"Marxisten und Christen gemeinsam" Benedikt XVI. bei Fidel Castro
28.03.2012, 19:17 Uhr
Fidel Castro bittet den Papst "um einige Minuten seiner sehr knappen Zeit", und der Papst kommt. Zuvor hatte Benedikt XVI. vor 300.000 Gläubigen einen Abschlussgottesdienst gefeiert - mitten in Havanna, auf dem Platz der Revolution.
Papst Benedikt XVI. hat den früheren kubanischen Präsidenten Fidel Castro in Havanna besucht. Sie hätten ein etwa halbstündiges Gespräch geführt, das herzlich, gelassen und angeregt gewesen sei, sagte der Vatikan-Sprecher Federico Lombardi. Beide sprachen wesentlich über Fragen des Glaubens und den Zustand der Welt. So sei es um Änderungen in der Liturgie der Kirche gegangen - und Castro habe auch wissen wollen, was ein Papst eigentlich so macht.
Das Gespräch fand in der Nuntiatur in Havanna statt, in der Benedikt während seiner Tage in Havanna übernachtet hatte. Als die Sprache auf die Schwierigkeiten der Menschheit heute gekommen sei, habe Benedikt auch auf das Problem der Gottlosigkeit hingewiesen und seine Sicht der Beziehungen zwischen Glauben und Vernunft erläutert.
Der schwerkranke Castro hatte zuvor mitgeteilt, dass er Benedikt selbst um einen kurzen Besuch gebeten zu haben. Castro hatte sich 1998 in einer historischen Begegnung bereits mit Papst Johannes Paul II. getroffen."Gerne werde ich Seine Exzellenz Papst Benedikt XVI. begrüßen", hatte Castro in einem am Mittwoch veröffentlichten Kommentar in der Parteizeitung "Granma" geschrieben. "Er ist ein Mensch, bei dem der Kontakt mit den Kindern und den ärmlichen Bürgern des Volkes unveränderlich Gefühle der Zuneigung geweckt hat. Deshalb entschied ich, ihn um einige Minuten seiner sehr knappen Zeit zu bitten."
"Frieden und Gerechtigkeit"
In dem Kommentar hatte Fidel zuvor ausgeführt, er sei in den 1960er Jahren zu der Überzeugung gekommen, dass Marxisten und Christen gemeinsam für Frieden und Gerechtigkeit kämpfen sollten. Das sieht Benedikt anders: Auf dem Flug von Mexiko nach Kuba hatte er gesagt, die marxistische Ideologie "entspricht nicht mehr der Realität".
Vor dem Besuch bei Fidel Castro war der Papst bereits mehrfach mit Präsident Raúl Castro, dem Bruder und Nachfolger Fidels, zusammengetroffen, zuletzt am Dienstagabend bei einem privaten Gespräch im Palast der Revolution. Dabei sei auch über die humanitäre Lage in Kuba gesprochen worden, nicht aber über konkrete Fälle politischer Gefangener, berichtete Papst-Sprecher Lombardi.
Der Papst habe angeregt, den Karfreitag auch in Kuba zum Feiertag zu machen. Benedikt XVI. erinnerte daran, dass sein Vorgänger Johannes Paul II. bei seinem Kuba-Besuch 1998 einen entsprechenden Vorschlag für Weihnachten gemacht und damit beim damaligen Präsidenten Fidel Castro Erfolg gehabt habe.
Revolutionshelden und Heilige Jungfrau
Vor dem Treffen mit Fidel Castro hatte der Papst vor etwa 300.000 Menschen die Abschlussmesse seines Kuba-Besuchs zelebriert. Unter freiem Himmel rief er seine Zuhörer auf dem Platz der Revolution in Havanna dazu auf, zum Aufbau einer offeneren Gesellschaft basierend auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Versöhnung beizutragen. Gleichzeitig forderte er von der kommunistischen Führung mehr Freiheiten für die katholische Kirche.
Kubas Präsident Raúl Castro saß in der ersten Reihe. Gegen Ende des Gottesdienstes wurde er zum Altar gebeten, wo er und der Papst sich unter dem Applaus der Menge die Hände schüttelten. Die Messe zeigte noch einmal, in welchem Spannungsfeld die Reise stattfand: Geschmückt war der Platz der Revolution mit Porträts von Ernesto Che Guevara und Camillo Cienfuegos, Helden der Revolution von 1959. Ein großes Plakat zeigte zudem die Barmherzige Jungfrau von El Cobre, die Schutzpatronin Kubas, deren Holzfigur Fischer der Überlieferung nach vor 400 Jahren fanden.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa/rts