Syrien braucht Diesel für Panzer Beobachter zählen Tausende Tote
24.08.2012, 19:30 Uhr
Geht den Panzern von Machthaber Assad bald der Sprit aus?
(Foto: dpa)
Der August ist der blutigste Monat in Syrien seit Beginn der Aufstände gegen Machthaber Assad. Aus dem Süden und Westen des Landes werden schwere Gefechte gemeldet. Ein Prozent der Bevölkerung ist ins Ausland geflohen. Syriens Armee braucht dringen Diesel für ihre Panzer, die Sanktionen greifen. Frankreich sagt: Assad bleiben nur wenige Monate.
Allein im Monat August sind nach den Erhebungen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte bereits mehr als 4000 Menschen im Syrien-Konflikt getötet worden. Damit stehe dieser Monat bereits als der blutigste seit dem Beginn des Konflikts im März 2011 fest, teilte die Londoner Beobachtungsstelle mit. Frankreich und die USA erwägen die Einrichtung einer Flugverbotszone.
Zu den seit Monatsbeginn getöteten 3000 Zivilisten und 1000 Soldaten kämen noch einmal 200 nicht identifizierte Leichen hinzu, sagte Abdel Rahmane, der Vorsitzende der Beobachtungsstelle. Insbesondere der Kampf um die nördliche Wirtschaftsmetropole Aleppo nehme zunehmend die "Gestalt eines Bürgerkriegs" an. Die Aufständischen kontrollieren nach eigenen Angaben 60 Prozent der Stadt Aleppo. Die Armee erklärte, sie habe drei christliche Viertel zurückerobert. Mit Angriffen rund um Aleppo versuchte die Regierungsarmee den Nachschub für die Rebellen zu unterbinden.
Sanktionen greifen
Allerdings haben die Truppen Assads selbst Probleme: Syrien suche händeringend nach neuen Treibstofflieferanten, meldet die Nachrichtenagentur Reuters. Die Führung in Damaskus brauche vor allem für Diesel neue Bezugsquellen. Im Gegenzug für den Treibstoff, ohne den kein Panzer fährt und der auch die Wirtschaft am Laufen hält, bieten die Syrer demnach Rohöl an. Grund für die Aktivitäten sind Sanktionen der USA und der Europäischen Union, die den Nahost-Staat von seinen traditionellen Lieferanten abgeschnitten haben.
Sporadische Lieferungen aus dem Iran deckten den Bedarf nicht und neue Verträge mit Russland ließen auf sich warten, sagte der stellvertretende syrische Ministerpräsident Kadri Dschamal in dieser Woche. Der französische Außenminister Laurent Fabius schätzt die Kosten des Krieges auf monatlich eine Milliarde US-Dollar. Präsident Baschar al-Assad gehe das Geld aus, erklärte er. Ohne russische Hilfe blieben Assad nur wenige Monate.
Obwohl Geschäfte mit Syrien nicht untersagt sind, halten sich viele Firmen im Nahen Osten und Asien mit Vertragsabschlüssen zurück. Sie fürchten Experten zufolge, mit einer Regierung in einem Atemzug genannt zu werden, die für den gewaltsamen Tod Tausender Zivilisten verantwortlich gemacht wird. Kritiker werfen den Treibstofflieferanten vor, Assad an der Macht zu halten. Der Import von Sprit brach zusammen, nachdem die EU die für die Einfuhr zuständige syrische Firma auf ihre schwarze Liste gesetzt hatte.
Gefechte in mehreren Städten
Im Süden und Westen von Damaskus gingen die Streitkräfte laut Anwohnern und Aktivisten derweil militärisch gegen Assads Gegner von. Innerhalb von 24 Stunden seien in Aleppo und Damaskus mehr als 50 Leichen aufgefunden worden. Die meisten waren den Schilderungen zufolge gefesselt, sie hatten Kopfschüsse erlitten. Der Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch im Libanon, Nadim Huri, sprach mit Blick auf solche Funde von "Massenhinrichtungen".
Kämpfe wurden auch aus der nordwestlich gelegenen Provinz Idlib, sowie aus Hama und Homs im Zentrum des Landes gemeldet. Ungeachtet der Gewalt gingen wie an jedem Freitag landesweit Demonstranten gegen die politische Führung des Landes auf die Straße.
Auch in Libanons zweitgrößter Stadt Tripoli gab es wegen des Syrienkonflikts den fünften Tag in Folge Gefechte. Mindestens drei Menschen wurden getötet. Der Osten der Stadt ist gespalten zwischen alawitischen Anhängern Assads und Sunniten, die mit den syrischen Aufständischen sympathisieren. Das UN-Flüchtlingswerk (UNHCR) teilte mit, dass die sich verschlechternde Sicherheitslage zunehmend ihre Arbeit in Tripoli beeinträchtige.
Bevölkerung auf der Flucht
Das UNHCR sprach von mehr als 200.000 Menschen, die Schutz in der Türkei, im Libanon, dem Irak und Jordanien gesucht haben. Das entspricht etwa einem Prozent der Bevölkerung in dem arabischen Land. Die türkische Regierung erklärte, allein in den vergangenen 24 Stunden seien mehr als 3500 Syrer eingetroffen. Das seien so viele wie noch nie zuvor an einem Tag seit Beginn des Aufstandes gegen Präsident Baschar al-Assad.
Frankreich und die USA erwägen die Einrichtung einer Flugverbotszone für Teile des Landes. Die Aufständischen fordern schon länger einen sicheren Rückzugsraum vor den Kampffliegern Assads. Allerdings warnte Frankreichs Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian, wenn der gesamte Flugraum abgesperrt würde, hieße dies, "in den Krieg zu ziehen". Dafür brauche es eine entschlossene Koalition, die sich bislang nicht abzeichne.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts