Politik

Schulabschlüsse gegen Kriminalität Bessere Bildung, weniger Morde

Wer keinen Hauptschulabschluss hat, hat ein deutlich höheres Risiko, kriminell zu werden, als besser gebildete Menschen. Das weist eine Studie der Bertelsmann Stiftung nach. Die Autoren sehen eine bessere Bildungspolitik als auch finanziell lohnende Maßnahme zur Kriminalitätsprävention.

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Allein die Einsparmöglichkeiten für Hamburg beziffert die Studie auf 27,95 Euro pro Einwohner - in Bremen und Berlin ist es noch mehr.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Bessere Bildung führt zu weniger Verbrechen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Darin haben die Frankfurter Wirtschaftswissenschaftler Horst Entorf und Philipp Sieger erstmals einen kausalen Zusammenhang zwischen unzureichender Bildung und Kriminalität nachgewiesen, so die Stiftung.

Die Forscher argumentieren mit volkswirtschaftlichen Schäden von Kriminalität, die sie auf vier bis sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts beziffern. "Bildungspolitische Maßnahmen könnten ganz erheblich dazu beitragen, Fälle von Mord, Totschlag und anderer Gewalt- und Eigentumsdelikte zu reduzieren und damit verbundene Kosten für Opfer und Gesellschaft einzusparen", heißt es in der Studie "Unzureichende Bildung: Folgekosten durch Kriminalität".

Demnach würde die Zahl der Gewalt- und Eigentumsdelikte deutlich sinken, wenn die Zahl der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss halbiert werden könnte. Wäre dieses Ziel bereits 2009 erreicht worden, hätte es 416 Fälle von Mord und Totschlag weniger gegeben, rechnen Entorf und Sieger vor. Den statistisch ermittelten Rückgang bei Raub und Erpressung beziffern sie auf 13.415 Fälle, den bei Diebstahl auf knapp 320.000.

Hauptschulabschluss reduziert Risiko

Wer seine Ausbildung abbricht, hat statistisch gesehen eine um 11,9 Prozentpunkte höhere Wahrscheinlichkeit, kriminell zu werden, ein fehlender Hauptschulabschluss erhöht diese Wahrscheinlichkeit um 10 Prozentpunkte. Aber auch mit Hauptschulabschluss ist die Wahrscheinlichkeit noch immer um 6,6 Prozentpunkten höher als bei höheren Bildungsabschlüssen.

Die Wissenschaftler räumen ein, dass es neben der Bildung noch weitere Faktoren gibt, die einen Einfluss auf kriminelles Verhalten haben. Dazu gehören etwa Vorstrafen im Elternhaus (23,3 Prozent), eine Trennung der Eltern (9,2 Prozent) oder auch Konfessionslosigkeit (3,1 Prozent).

"Vielversprechende Maßnahme zur Prävention"

Auf diese Faktoren könne jedoch kaum Einfluss genommen werden. Die Forscher betonen: "Jugendliche nicht 'abzustempeln' oder 'abzuschreiben', sondern ihnen durch Bildung Chancen und eine Perspektive für ihr eigenes Leben zu eröffnen, in Bildungsinstitutionen soziales Miteinander, Fähigkeit zur Empathie und gesellschaftliche Werte zu erlernen, ist (...) eine vielversprechende Maßnahme zur Kriminalprävention."

Entorf und Sieger hatten die Kriminalitätsrate in Deutschland mit Blick auf verschiedene Verbrechensformen flächendeckend untersucht. Grundlage waren langjährige Datenbanken. Diese Geodaten verknüpften sie mit Daten zur Bildung der Bürger in der jeweiligen Region. Auch Parameter wie die Quote verurteilter Verbrecher im jeweiligen Bezirk schlugen sich nieder.

Stadtstaaten würden am stärksten profitieren

Außerdem griffen die Forscher auf Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage bei 1700 Strafgefangenen in Deutschland zurück. Deren Antworten wurden einer Kontrollgruppe nicht inhaftierter Menschen gegenübergestellt. Bei Mord, Totschlag, Raub und Diebstahl wollen die Experten einen Zusammenhang entdeckt haben. Bei Vergewaltigung und Körperverletzung ließ sich in der Untersuchung kein Kontext finden.

Vielen Opfern könne Leid erspart werden - und der Gesellschaft enorme Folgekosten, betont die Bertelsmann Stiftung. Laut "konservativer Berechnungen" machten diese Folgekosten rund 1,42 Milliarden Euro pro Jahr aus. "Von verbesserten Bildungschancen würden die drei Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin am stärksten profitieren: Sie haben aktuell die höchsten Kosten für Kriminalität pro Einwohner."

Quelle: ntv.de, hvo/dpa

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