Politik

Geteiltes Echo nach einem Jahr Bildungspaket bereitet Sorge

Ministerin von der Leyen stellt die Jahresbilanz zum Bildungspaket vor.

Ministerin von der Leyen stellt die Jahresbilanz zum Bildungspaket vor.

(Foto: dpa)

Anfangs schien das Bildungspaket für Kinder aus sozial schwachen Familien ein Rohrkrepierer zu sein. Allmählich nehmen mehr Familien das Angebot in Anspruch. Kritik gibt es ein Jahr nach dem Start an dem "bürokratischen Monster" trotzdem. Nur 20 Prozent der bereitgestellten Mittel seien abgerufen worden. Ministerin von der Leyen widerspricht, nennt aber keine Zahlen.

Ein Jahr nach Einführung des Bildungspakets für Kinder aus ärmeren Familien haben Bundesregierung, Opposition und Sozialverbände eine Bilanz gezogen, die unterschiedlicher nicht hätte ausfallen können. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hob die "stetig steigende Zahl der Teilnehmer an dem Programm" hervor, das zeige, dass sich die Mühe lohne und das Bildungspaket langsam selbstständig werde. Anfängliche Befürchtungen, die neuen Teilhabeangebote seien zu bürokratisch, hätten sich als unbegründet erwiesen.

Schwesig will einen unkomplizierten Zugang zu den Fördermöglichkeiten.

Schwesig will einen unkomplizierten Zugang zu den Fördermöglichkeiten.

(Foto: dapd)

Genau das stellt aber die Opposition heraus und nennt das Angebot "viel zu kompliziert und bürokratisch". SPD-Vizechefin Manuela Schwesig sagte der "Rhein-Zeitung": "Wir hatten Recht mit unseren Befürchtungen. Die Bürokratie frisst die gute Idee auf." Schwesig forderte, das Antrags- und Bewilligungsverfahren "massiv abzuspecken". Das Geld müsste direkt an Kitas, Ganztagsschulen, Verbände und Vereine gehen, damit sie "unkompliziert Angebote für Kinder machen können".

Hälfte der Antragsberechtigten stellt Anträge

Die stetig steigende Zahl der Teilnehmer "zeigt, dass sich die Mühe lohnt", sagte von der Leyen. Anfängliche Befürchtungen, die neuen Teilhabeangebote seien zu bürokratisch, hätten sich als unbegründet erwiesen. Die Ministerin wies darauf hin, 53 bis 56 Prozent der rund 2,5 Millionen Anspruchsberechtigten hätten Anträge für ihre Kinder gestellt.

Am häufigsten genutzt werden bislang nach einer Repräsentativbefragung bei 2300 leistungsberechtigten Haushalten im Auftrag des Arbeitsministeriums die Angebote für kostenloses Mittagessen in den Schulen (35 Prozent der Kinder, die mindestens eine Leistung in Anspruch nahmen) sowie für die Teilnahme an mehrtägigen Klassenfahrten (36 Prozent). Danach kämen Leistungen für Angebote von Sportvereinen oder Musikschulen (23 Prozent) und für eintägige Ausflüge (20 Prozent). Einige Kinder nahmen auch mehrere Leistungen in Anspruch. Dabei machen vor allem kommunale Musikschulen darauf aufmerksam, dass laut Gebührensatzung Kinder aus Hartz-IV-Haushalten mit weiteren Zuschüssen bis hin zur Kostenbefreiung rechnen können.

Sozialverbände: Keine Erfolge herbeireden

Weniger nachgefragt wurden demnach Leistungen für Schülerbeförderung und für die Lernförderung. Von der Leyen begründete dies damit, dass der Schülertransport vielerorts ohnehin kostenfrei sei, während die Lernförderung nur einige Schüler benötigen würden. Kritiker verweisen allerdings auch darauf, dass die Lernförderung erst gewährt wird, wenn ein Kind bereits als versetzungsgefährdet eingestuft ist.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte von der Leyen auf, das Scheitern des Bildungspakets für Kinder aus Hartz-IV-Familien einzugestehen. "Es macht überhaupt keinen Sinn, Erfolge herbeizureden, wo keine Erfolge sind", sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er bezeichnete es als "desaströs", dass ein Jahr nach Start des Bildungspakets nur ein Fünftel der bereitgestellten Gelder abgerufen worden sei. Auch Caritas und Diakonie äußerten sich skeptisch.

Hohe Verwaltungskosten kritisierte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. "Die Förderung kommt bei den Kindern nicht an", sagte sie in Berlin. 626 Millionen Euro für Leistungen stünden 163 Millionen Euro für Verwaltungsaufwand gegenüber, erklärte Linken-Parteivize Katja Kipping.

Lobend über das Paket äußerte sich die Vizepräsidentin des Deutschen Städtetages, Frankfurts scheidende Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU): "Hier ist ein Gesetz mit hoher Kompetenz für große Städte gemacht worden." Auf geringe Unterschiede zwischen Stadt und Land bei der Nutzung des Bildungspakets wies Hans-Günter Henneke von der Geschäftsführung des Deutschen Landkreistages hin: "Das Bildungspaket ist auch in der Fläche angekommen."

Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP

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