Koch schwingt Moralkeule Breitseite auf Steinmeier
30.11.2007, 09:01 UhrIn der großen Koalition rumort es weiter beim Thema Außenpolitik: Jetzt warf Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor, Deutschland zu schaden, indem er im Umgang mit Russland, China und dem Dalai Lama wirtschaftliche über moralische Interessen stelle.
Koch, ein Freund des geistlichen Oberhaupt der Tibeter, sagte der "Bild"-Zeitung: "Deutschland hat eine geschichtliche Verpflichtung, zu moralischen Fragen nicht zu schweigen. Wir haben kein Recht, die Wirtschaft vor die Menschenrechte zu stellen." Steinmeier erwecke "in Russland und China den Eindruck, wir Deutsche seien bereit, jede Art von Geschäften zu machen - egal, ob die Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Damit schadet der Bundesaußenminister unserem Land."
Zuvor hatte Bundespräsident Horst Köhler dazu aufgefordert, den Streit über den Empfang des Dalai Lama im Bundeskanzleramt in diesem Herbst zu beenden. Steinmeier hatte indirekt kritisiert, dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den Dalai Lama offiziell empfangen hatte. Die chinesische Regierung sagte daraufhin verschiedene politische Gesprächstermine ab.
Auf Kochs Kritik entgegnete SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bei n-tv, der hessische Ministerpräsident befinde sich im Wahlkampf, und es ärgere ihn offensichtlich, "dass die Popularitätswerte des Außenministers besser sind als die der CDU-Vorsitzenden Merkel". Roland Koch sei jemand, "der in Sachen politischem Anstand - ich erinnere an seine diversen Affären - keine Belehrung abgeben darf. Er sollte sich lieber zurückhalten", so Heil.
"Wir setzen auf Kooperation, im Interesse von Menschenrechten, im Interesse auch deutscher Interessen, und nicht auf Konfrontation." Heil sagte im Hinblick auf die damaligen Beziehungen der BRD zur DDR: "Das haben wir in der Ostpolitik bei Willi Brandt ja schon mal erlebt, dass diejenigen, die auch mit Staatsführungen reden, diffamiert werden, weil sie sich konkret daran machen, was für Menschen zu erreichen und nicht nur in Sonntagsreden von Menschenrechten zu schwatzen."
In der Sache gehe es darum, "ob wir eine Außenpolitik betreiben, die auf Kooperation setzt, oder eine, die auf Konfrontation setzt. Wer konkret etwas für Menschenrechte erreichen will, auch in China, der muss auch mit der Führung in China in Kontakt bleiben, um konkret was rauszuholen und nicht nur hier in Deutschland schöne Bilder zu produzieren."
Schröder kritisiert Merkel-Politik
Erst am Donnerstagabend hatte Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) seine indirekte Kritik an der Russlandpolitik seiner Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) erneuert. Er habe manchmal den Eindruck, dass "die Zeiten des Kalten Krieges zurückkehren", sagte Schröder in Stuttgart.
Manche Länder in der EU träten "für eine Distanzierung, ja eine Gegnerschaft zu Russland" ein, sagte Schröder. "Ich halte diesen Weg für falsch, wenn nicht gar für gefährlich." Auf die Frage, ob er mit dieser Kritik auch Merkel meine, sagte Schröder: "To whom it may concern." (Wen immer es betreffen möge.) Die Beziehungen zu Russland stünden an einer "Weggabelung" und dürften nicht belastet, sondern müssten stetig verbessert werden.
Von seiner Einschätzung, Putin sei "ein lupenreiner Demokrat" habe er "nichts zurückzunehmen", betonte Schröder. Dieser würde - wenn er noch einmal zur Präsidentenwahl antreten dürfte - eine Zweidrittel- oder Dreiviertelmehrheit erringen, weil er so erfolgreiche Politik mache. Europa müsse sich darauf einstellen, dass Russland nicht mehr der "schwache Verhandlungspartner der 90er Jahre" sei. Ein "stabiles, verlässliches und selbstbewusstes Russland" sei auch Voraussetzung für eine friedliche politische und ökonomische Entwicklung.
Quelle: ntv.de