Patienten brauchen viel Geduld Britische Assistenzärzte treten in historischen Streik
03.01.2024, 11:34 Uhr Artikel anhören
Die Assistenzärzte haben oft bereits mehrjährige Erfahrung, werden aber nicht übermäßig gut bezahlt.
(Foto: picture alliance / empics)
Das britische Gesundheitssystem leidet bereits seit Jahren unter mangelnder Finanzierung. Gerade die junge Ärzteschaft wird nicht üppig bezahlt. Und die will sich das nicht mehr gefallen lassen. Die Tarifverhandlungen platzen und es wird gestreikt. Nun so lange wie seit 70 Jahren nicht mehr.
Krankenhausärzte in England haben den längsten zusammenhängenden Streik in der 70-jährigen Geschichte des britischen Gesundheitsdienstes NHS begonnen. Die Assistenzärzte legten ab Mittwochmorgen für sechs Tage ihre Arbeit nieder. Es ist der zweite Streik innerhalb von zwei Wochen in der seit Monaten anhaltenden Tarifauseinandersetzung.
Der Arbeitskampf fällt in eine der arbeitsreichsten Zeiten des Jahres. Traditionell verzeichnet der NHS in den zwei Wochen nach Weihnachten einen Anstieg von Einlieferungen in Krankenhäuser, da die Menschen ihre Behandlung wegen der Festtage aufschieben. Zudem ist der Arbeitsdruck wegen winterlicher Atemwegserkrankungen hoch.
Der Streik werde "erhebliche Auswirkungen auf fast alle Routinebehandlungen" haben, erklärte der NHS. Bis zur Hälfte des medizinischen Personals könnte in den Arbeitsausstand treten. Der medizinische Direktor des NHS, Stephen Powis, rechnet mit "einem der schwierigsten Jahresanfänge" in der Geschichte des Gesundheitsdiensts.
Die Ärztegewerkschaft British Medical Association (BMA) hatte den Streik Anfang Dezember angekündigt. In den Verhandlungen war der BMA zufolge zusätzlich zu einer bereits im Sommer vereinbarten durchschnittlichen Gehaltserhöhung um 8,8 Prozent eine Steigerung der Löhne um 3 Prozent angeboten worden. Diese hatten das Angebot mit dem Verweis auf eine ungleichmäßige Verteilung auf die verschiedenen Arztgruppen abgelehnt und argumentiert, dass das Angebot "für viele Ärzte immer noch eine Gehaltskürzung bedeuten würden".
Millionen Termine wurden abgesagt
"Die Moral im gesamten Gesundheitswesen ist auf einem historischen Tiefstand. Viele werden sich fragen, ob es sich noch lohnt, den gewählten Beruf auszuüben - die Regierung hat die Chance, diesen Ärzten zu zeigen, dass sie in diesem Land noch eine Zukunft haben", erklärte die BMA. Bei den sogenannten "junior doctors" handelt es sich um qualifizierte Mediziner mit oft mehrjähriger Erfahrung, die unter der Leitung von Oberärzten arbeiten und einen großen Teil der Ärzteschaft ausmachen.
Der staatlichen Nationale Gesundheitsdienst (NHS), der seit seiner Gründung 1948 eine kostenlose Gesundheitsversorgung anbietet, hat seit Beginn der Streiks 2023 insgesamt 1,2 Millionen Termine abgesagt. Mehr als 7,7 Millionen Menschen suchen auf Wartelisten eine Behandlung. Die Gewerkschaft fordert eine Lohnerhöhung um 35 Prozent, die ihrer Ansicht nach nötig ist, um die Auswirkungen der Inflation über mehrere Jahre hinweg zu decken. Zuletzt hatten die Assistenzärzte vor Weihnachten für drei Tage die Arbeit niedergelegt.
Quelle: ntv.de, als/AFP/rts