Politik

Innenminister fordern Anti-Terror-Gesetz Bund soll "in die Pötte kommen"

Seit Monaten wird in der Koalition darüber gestritten, ob und wie die Anfang nächsten Jahres auslaufenden Anti-Terror-Gesetze verlängert werden. FDP-Ministerin Leuthheusser-Schnarrenberger stemmt sich gegen eine einfache Verlängerung. Die Innenminister der Ländern fordern nun ein Einlenken. Besorgt zeigen sie sich beim Thema Linksextremismus.

Die Innenminister von Bund und Ländern haben den Druck auf die FDP erhöht, im Streit um die Sicherheitsgesetze einzulenken. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU und seine Kollegen aus den 16 Ländern drängten zum Abschluss der zweitägigen Innenministerkonferenz in Frankfurt auf eine schnelle Neuregelung der Anti-Terror-Gesetze und die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung.

Bundesinnenminister Friedrich sieht sich von seinen Kollegen zum Handeln aufgefordert.

Bundesinnenminister Friedrich sieht sich von seinen Kollegen zum Handeln aufgefordert.

(Foto: dpa)

Die Bundesregierung solle bei den Terrorismusgesetzen "in die Pötte kommen", sagte der Sprecher der SPD-geführten Länder, der Berliner Innensenator Erhart Körting. "Wir sagen gegenüber dem Bund, mach gefälligst mal", sagte der Politiker. Er habe kein Verständnis für die Haltung der FDP und auch Teile der Grünen. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Hessens Ressortchef Boris Rhein von der CDU, sagte, man sei einig, dass sich die Sicherheitsgesetze überwiegend bewährt hätten.

Justizministerin will Hürden erhöhen

Die Koalition streitet seit Monaten über die Verlängerung der Anti-Terror-Gesetze, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 erlassen worden waren und die ohne Neuregelung Anfang 2012 auslaufen. Die drei Geheimdienste Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst erhalten damit weitreichende Befugnisse etwa zur Abfrage von Konten- und Flugpassagierdaten.

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP hatte in einer Stellungnahme Ende Mai gesagt, sie lehne bei sechs von zehn zentralen Auskunftsbefugnissen die von der Union geforderte Verlängerung strikt ab. Bei den übrigen vier wolle sie die Hürden erhöhen. Zudem gibt es in der Bundesregierung Streit über die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten. Die alte Regelung hatte das Bundesverfassungsgericht im März 2010 gekippt.

"In guten Gesprächen"

Sicherheitsgesetze, Datenspeicherung, Linksextremismus, Fußball: Die Innenminister hatten eine lange Agenda.

Sicherheitsgesetze, Datenspeicherung, Linksextremismus, Fußball: Die Innenminister hatten eine lange Agenda.

(Foto: dapd)

Friedrich zeigte sich zuversichtlich mit der FDP bald eine Neufassung der Anti-Terror-Gesetze hinzubekommen. "Wir sind in guten Gesprächen mit dem Justizministerium", sagte der CSU-Politiker. Schon bald werde ein Fahrplan verabschiedet und ein gemeinsamer Beschluss vorliegen, sagte der CSU-Politiker. Auch bei der Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung werde es sehr zügig Entscheidungen geben.

Bei der Datenspeicherung hätten sich die Innenminister an den europäischen Fristenregelungen orientiert, sagte der niedersächsische Innenminister und Sprecher der CDU-geführten Länder, Uwe Schünemann. Berlins Innensenator Körting wies darauf hin, dass die Minister eine Mindestdatenspeicherung von sechs Monaten diskutiert hätten.

"Vorstufe zum Linksterrorismus"

Besorgt zeigten sich die Innenminister über die zunehmende Gewaltbereitschaft bei Linksextremisten. Friedrich sprach von einer "dramatischen Zunahme der Fallzahlen". Laut IMK stiegen die Fallzahlen bei linksextremistisch motivierten Gewalttaten im ersten Quartal 2011 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bundesweit um mehr als 60 Prozent.

Auch Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann von der CDU warnte, linksextreme Gewalt ufere inzwischen "so aus, dass Menschen verletzt werden". Dabei handele es sich zwar noch nicht um Linksterrorismus, aber um eine "Vorstufe zum Linksterrorismus". Notwendig sei eine gesamtgesellschaftliche Ächtung nicht nur rechter, sondern auch linker Gewalt.

Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßte die Einsetzung einer Koordinierungsgruppe zum Kampf gegen Linksextremismus als "richtig und notwendig". Angesichts ausufernder Gewalttaten, die dem linksextremistischen Spektrum zuzurechnen seien, müssten Analyse und notwendige polizeiliche Maßnahmen endlich ernst genommen werden, erklärte der DPolG-Bundesvorsitzende Rainer Wendt.

Kein neues NPD-Verbotsverfahren

Nicht einigen konnten sich die Innenminister auf einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbotsverfahren. Es gebe unter den Innenressortchefs weiter "unterschiedliche Ansichten" über ein erneutes Verfahren mit dem Ziel eines Verbots der rechtsextremen Partei, sagte Hessens Innenminister Rhein. Die Beschlüsse der Innenministerkonferenz (IMK) müssen aber einstimmig fallen.

Angesichts zunehmender Gewaltbereitschaft bei Fußball-Fans wollen die Innenminister den Alkoholkonsum in den Stadien und bei der An- und Abreise in öffentlichen Verkehrsmitteln stark zurückfahren. Zudem regte die IMK angesichts der großen Zahl der bei Fußballspielen eingesetzten Polizisten an, bei der Aufstellung der Spielpläne auch sonstige polizeiliche Einsatzlagen wie etwa den 1. Mai zu berücksichtigen. Dazu sollten bereits 2010 begonnene Gespräche mit dem Deutschen Fußball-Bund und der Deutschen Fußball-Liga unter anderem mit dem Ziel fortgesetzt werden, vom kommenden Jahr an den Zeitraum vom 29. April bis zum 2. Mai komplett spielfrei zu halten.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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