Provisorischer Palästinenserstaat Bush zeigt Arafat die rote Karte
24.06.2002, 09:30 UhrUS-Präsident George W. Bush hat die Ablösung des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat - ohne dessen Namen zu nennen - zur Bedingung für einen provisorischen Palästinenser-Staat gemacht. "Der Frieden benötigt eine neue und andere palästinensische Führung, damit ein palästinensischer Staat entstehen kann", sagte Bush in seiner seit Tagen mit Spannung erwarteten Rede im Weißen Haus in Washington. Von Israel forderte er, sich im Westjordanland auf die Positionen von vor zwei Jahren zurückzuziehen und den Bau jüdischer Siedlungen im Westjordanland und im Gazastreifen einzustellen.
Letztlich müsse Israel einem Rückzug auf die Positionen zustimmen, die es vor dem Sechstagekrieg 1967 inne hatte, sagte Bush. Die Zukunft Jerusalems und das Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge müssten angesprochen werden. Der US-Präsident nannte aber keine Lösungswege für diese Fragen, die mit zu den schwierigsten des Konflikts zählen.
"Wenn das palästinensische Volk eine neue Führung hat, neue Institutionen und neue Sicherheitsvorkehrungen mit seinen Nachbarn, dann werden die Vereinigten Staaten von Amerika die Gründung eines palästinensischen Staats unterstützen, dessen Grenzen und gewisse Aspekte seiner Souveränität provisorisch sein werden, bis sie als Teil einer endgültigen Einigung im Nahen Osten gelöst werden", sagte Bush weiter. Die gegenwärtige Palästinenser-Führung ermutige den Terrorismus.
Probleme mit palästinensischer Führung
Bush erwähnte Palästinenser-Präsident Jassir Arafat zu keinem Zeitpunkt mit Namen. In US-Regierungskreisen hieß es jedoch auf die Frage, ob damit gemeint sei, dass die Gründung eines provisorischen Staates nur ohne Palästinenser-Präsident Jassir Arafat möglich sei: "Wir haben deutlich gemacht, dass wir denken, dass es erhebliche Probleme mit der palästinensischen Führung gibt."
Aus den Kreisen verlautete weiter, wenn alle Bedingungen erfüllt seien, könne ein provisorischer Staat binnen 18 Monaten gegründet werden, in rund drei Jahren könne daraus dann ein endgültiger Staat entstehen. Wahlen für ein Parlament mit normalen Vollmachten sollten nach den Vorstellungen Bushs bis Ende des Jahres stattfinden. Darüber hinaus müsse es auch eine Verfassung geben.
Was meinen die Betroffenen?
In einer ersten Reaktion auf die Bush-Rede forderte Israels Ministerpräsident Ariel Scharon ebenfalls eine neue palästinensische Führung. In einer von Scharons Büro veröffentlichten Erklärung hieß es, wenn die Autonomiebehörde echte Reformen durchführe und eine neue Führung ihr Amt aufnehme, werde es möglich sein, über Fortschritte auf diplomatischen Wegen zu sprechen.
Der palästinensische Präsident Jassir Arafat begrüßte die Rede Bushs als "ernsthaften Versuch, den Friedensprozess voranzutreiben". Auf die Forderung Bushs nach einer neuen Führung ging Arafat nicht ein. Der Palästinenser-Präsident erklärte, die palästinensische Führung und er selbst hofften auf direkte und bilaterale Treffen mit der US-Regierung, um über die Einzelheiten von Bushs Plan zu sprechen.
Quelle: ntv.de