Dalai Lama in Deutschland CDU-Appelle an China
15.05.2008, 13:31 UhrDer Dalai Lama hat zum Auftakt seines Deutschland-Besuchs die Forderung der Tibeter nach mehr Autonomie erneuert und China zu konstruktiven Gesprächen aufgerufen. Tibet wolle sich keineswegs von China lösen und völlig unabhängig werden, betonte das religiöse Oberhaupt der Tibeter zu Beginn seines fünftägigen Deutschland-Besuchs. Voraussetzung für die Beilegung des Konflikts sei aber vor allem gegenseitiges Vertrauen. "Das fehlt", sagte der 72-Jährige. Der Friedensnobelpreisträger, der im indischen Exil lebt, dringt auf ein Autonomie-Statut mit mehr kulturellen und religiösen Freiheiten für Tibet.
Der Dalai Lama traf auf seiner zweiten Deutschland-Tour mehrere CDU-Politiker. Die Regierungschefs von Hessen und Nordrhein-Westfalen, Roland Koch und Jürgen Rüttgers, appellierten nach den Gesprächen in Frankfurt und Bochum an China. Die Anfang Mai wieder begonnenen Gespräche seien eine große Chance, sagte Rüttgers. Wenn China sich nicht bewege, würden die Olympischen Spiele im Sommer in Peking von Diskussionen über die Autonomie für Tibet und die Achtung der Menschenrechte dominiert, sagte Koch. Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte, Tibet habe sich zu einer sehr grundsätzlichen Frage entwickelt. Der Anspruch, die Menschenrechte zu gewährleisten, sei dort genauso gerechtfertigt wie anderswo.
Laut ZDF kündigte der Dalai Lama an, im kommenden Monat würden seine Unterhändler mit Vertretern der chinesischen Führung erneut zu Gesprächen zusammenkommen. China war im März nach der blutigen Niederschlagung von Demonstrationen in Tibet in die Kritik geraten. "Die weltweit zum Ausdruck gebrachte Besorgnis ist sehr hilfreich", sagte der Dalai Lama. Er bedauerte, dass der Empfang bei Kanzlerin Angela Merkel während seiner ersten Visite im September diplomatische Spannungen zu China ausgelöst hatte.
China protestiert gegen Empfang durch Wieczorek-Zeul
Nach Auftritten in Nordrhein-Westfalen und Bayern ist am Montag im Hotel Adlon in Berlin ein Treffen mit Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul geplant. Die chinesische Botschaft hat gegen das erst am Mittwoch angekündigte Vorhaben umgehend beim Auswärtigen Amt protestiert. China wirft dem Dalai Lama vor, er betreibe die Loslösung Tibets von China.
Beim Auswärtigen Amt hieß es lediglich, die Botschaft sei mit ihrer bereits öffentlich geäußerten Kritik auch an das Auswärtige Amt herangetreten. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte ein Treffen mit dem Mönch erneut abgelehnt. Er hatte seinerzeit den Empfang durch die Kanzlerin als "Schaufensterpolitik" kritisiert. Merkel ist während des Besuchs auf Lateinamerika-Reise.
SPD kritisiert Ministerin
Ministerin Wieczorek-Zeul stößt wegen des Treffens mit dem Dalai Lama auch in ihrer eigenen Partei auf Kritik. Der SPD-Verteidigungsexperte Jörn Thießen sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", er halte das Treffen für "einen schweren Fehler der deutschen Außenpolitik". SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow sagte derselben Zeitung, der Empfang des Dalai Lama durch Wieczorek-Zeul könne von China als Affront gesehen werden. Das Vorgehen sei weder mit der SPD noch mit Steinmeier abgesprochen.
Quelle: ntv.de