Politik

"Könnte komplett zerlegt werden" CDU steht vor explosiver Fraktionssitzung

Armin Laschet und Ralph Brinkhaus haben unterschiedliche Ideen für den Fraktionsvorsitz.

Armin Laschet und Ralph Brinkhaus haben unterschiedliche Ideen für den Fraktionsvorsitz.

(Foto: picture alliance / Flashpic)

Die Union muss ein historisch schlechtes Ergebnis bei der Bundestagswahl hinnehmen und dennoch zeitnah die eigene Zukunft gestalten. Auf der ersten Sitzung der neuen Fraktion droht Streit: Es gibt Fragen nach dem Fraktionsvorsitz, die Explosionsgefahr bergen.

Armin Laschet hat nach der Bundestagswahl im Ringen um seine eigene politische Zukunft offenbar die nächste Niederlage erlitten: Nach Informationen von ntv will sich Fraktionschef Ralph Brinkhaus am Nachmittag bei der ersten Sitzung der neuen, arg geschrumpften Unions-Fraktion regulär in seinem Amt bestätigen lassen - obwohl Parteichef Laschet seinen Parteifreund davon habe abhalten wollen. Stattdessen habe Laschet das Modell einer kommissarischen Lösung bevorzugt.

Noch am Vortag hatte er angekündigt, gemeinsam mit CSU-Chef Markus Söder vorschlagen zu wollen, dass Brinkhaus lediglich "in der Phase dieser Koalitionsverhandlungen" Fraktionschef sein soll. Das hatte für Unmut bei Brinkhaus gesorgt, der sich wie üblich für ein Jahr wählen lassen will. In dem Fall fürchten Mitglieder der CDU-Führung Kampfkandidaturen um den Posten.

Aus Kreisen der CDU wurde gegenüber ntv die Sorge geäußert, dass sich "die Fraktion heute Abend komplett zerlegen werde". Die Konstellation aus alter und neuer Fraktion und den Mitgliedern des Kabinetts sei sowieso schwer. In der Fraktion sei bekannt, dass CDU-Präsidiumsmitglied Norbert Röttgen zur Kampfkandidatur antreten werde, wenn Brinkhaus sich nicht nur übergangsweise wählen lassen wolle.

"Mehr Macht, als ihm eigentlich zusteht"

Sollte es Laschet nicht gelingen, eine Jamaika-Koalition zu bilden und die Union in der Opposition landen, wäre der Posten des Fraktionsvorsitzenden einer der mächtigsten in der Union. Die Streitfrage in der Fraktion sei, ob man einen Oppositionsführer wählt oder den Vorsitzenden einer Regierungsfraktion. Demnach gebe es Bestrebungen, vor die Wahl des Fraktionsvorsitzenden eine Verfahrensabstimmung zu stellen.

Nach Platz zwei für die Union bei der Bundestagswahl hatte es Spekulationen gegeben, dass Laschet das Amt für sich beanspruchen könnte, wenn seine Partei in die Opposition geht. Das scheint nach Informationen von ntv jedoch derzeit eher unwahrscheinlich. Der Kanzlerkandidat werde aus Angst vor einem schlechten Ergebnis nicht selbst kandidieren, heißt es. In der neuen Fraktion sitzen 196 Abgeordnete - statt 246 wie noch in der vergangenen Legislaturperiode. Die Union war am Sonntag auf ein historisch schlechtes Ergebnis von 24,1 Prozent gestürzt, nach 32,9 Prozent 2017.

Aus einer Gruppe von etwa einem Dutzend Unions-Abgeordneter, die seit 2017 im Parlament sind (Gruppe 17), erhielt Brinkhaus in Berlin deutliche Unterstützung für sein Ziel, sich wie üblich für ein volles Jahr bestätigen zu lassen. Brinkhaus habe als Fraktionsvorsitzender gute Arbeit gemacht und müsse wie vorgesehen regulär für ein Jahr gewählt werden. Zugleich wurde vor einem Machtkampf in der Fraktion gewarnt. "Das wäre das völlig falsche Signal nach außen, zumal Ralph Brinkhaus auch nicht die Verantwortung für das schlechte Abschneiden der CDU auf Bundesebene trägt", hieß es.

Mit Blick auf Laschet wurde betont, dieser trage als Kanzlerkandidat einen großen Teil der Verantwortung für das Wahlergebnis. Aber auch die Wahlkampagne habe zu wünschen übrig gelassen. Und an der Geschlossenheit in der Partei habe es gemangelt.

Rückendeckung für Laschet

Rückendeckung für seine Idee hat Laschet unter anderem auch von Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß. Derzeit gehe es darum, einen Fraktionschef zu wählen, der die Sondierungsgespräche begleitet, sagt Ploß in der ARD. Dann müsse man neu entscheiden, wenn klar sei, ob die Union in der Regierung oder in der Opposition sei.

Brinkhaus ist seit September 2018 Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. CSU-Chef Markus Söder mahnte die "bestmögliche Lösung" für die Fraktion an. Es wäre demnach gut, wenn es eine Lösung "nicht nur für ein paar Tage" gebe, "sondern für länger".

Söder hatte am Montagabend in der ARD erklärt, mit Brinkhaus habe die CSU "sehr gute Erfahrungen" gemacht. "Es gäbe auch andere, aber das wäre eine Option", sagte er. Möglicherweise werde es einen gemeinsamen Vorschlag beider Parteivorsitzenden geben.

Röttgen plädierte dafür, die Fraktionsführung erst später zu bestimmen. Über das Wahlergebnis müsse erst einmal diskutiert werden, bevor sofort personal- und machtpolitisch Pflöcke eingeschlagen würden, sagte er in der ARD. Laschet hatte vor der Wahl erklärt, er gehe "ohne Rückfahrkarte" nach Berlin - auch wenn er nicht Kanzler werde.

Quelle: ntv.de, ter/dpa

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