Bürgerrechtler in den USA eingetroffen Chens erste Schritte in Freiheit
20.05.2012, 07:27 Uhr
Gestützt von seiner Frau und einem Helfer wird Chen Guangcheng in den USA in Empfang genommen.
(Foto: AP)
Über Wochen ist ungewiss, wie es mit dem blinden chinesischen Bürgerrechtler Chen weitergeht. Er will seine Heimat verlassen, doch Peking stellt sich quer. Nach einem diplomatischen Schlagaustausch gibt China klein bei und erlaubt Chen die Ausreise. Von jetzt an lebt der 40-Jährige in New York.
Nach wochenlangem diplomatischem Tauziehen ist der blinde chinesische Bürgerrechtler Chen Guangcheng in den USA eingetroffen. Chen landete mit einer Maschine aus Peking auf dem Flughafen von Newark bei New York und wurde später von seinen Anhängern stürmisch in der US-Metropole begrüßt. Chen zeigte sich dankbar über seine Aufnahme in den USA und würdigte zugleich die Zurückhaltung Chinas.
Auf Krücken aber mit einem Lächeln traf Chen vor dem Gebäude im New Yorker Stadtteil Manhattan ein, wo er gemeinsam mit seiner Frau und seinen beiden Kindern untergebracht werden soll. In dem Gebäude der New York University leben Professoren und Studenten der Universität, die Chen kürzlich ein Jura-Studium angeboten hatte. "Ich bin sehr dankbar", sagte Chen mit Blick auf seine Aufnahme in den USA. Zugleich sei er "dankbar, dass die chinesische Regierung zurückhaltend und ruhig mit der Situation" umgegangen sei.
Anwalt ist Peking ein Dorn im Auge
Da Chen kein Englisch spricht, wurden seine Äußerungen von einer Dolmetscherin übersetzt. Er glaube, dass die Versprechen der chinesischen Regierung ernst gemeint seien, sagte der 40-Jährige demnach. Nach Angaben von Freunden soll Chen allerdings besorgt über das Schicksal seiner zurückgelassenen Verwandten sein, die zuletzt Opfer von Misshandlungen durch chinesische Beamte geworden sein sollen. Chen erklärte bei seiner Ankunft in New York zudem, dass er seinen "Kampf für das Gute in der Welt und gegen die Ungerechtigkeit" fortsetzen wolle.
Der blinde Bürgerrechtler hatte durch seinen Einsatz für die Opfer von Zwangssterilisierungen und Landenteignungen immer wieder den Zorn der chinesischen Behörden auf sich gezogen. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis im September 2010 stellten ihn die Behörden der östlichen Provinz Shandong unter Hausarrest. Am 22. April floh er jedoch mit Hilfe von Unterstützern unter spektakulären Umständen aus dem Hausarrest und fand vorübergehend Zuflucht in der US-Botschaft in Peking. Der Fall sorgte für eine diplomatische Krise zwischen den USA und China.
Schicksal der Angehörigen bleibt ungewiss
Nachdem er die US-Botschaft verlassen hatte, befand sich Chen zunächst mehr als zwei Wochen in einem Pekinger Krankenhaus, da er sich bei seiner Flucht am Fuß verletzt hatte. Dabei war lange unklar, ob die chinesischen Behörden ihm tatsächlich die Ausreise genehmigen würden. Am Samstag schließlich wurde er überraschend aufgefordert, seine Sachen zu packen und sich auf seine Ausreise vorzubereiten. Der Anwalt und enge Freund Chens, Jiang Tianyong, sagte, Chen habe seiner Ausreise mit gemischten Gefühlen entgegengesehen. "Er zögerte, auszureisen und sah es nicht als optimale Lösung an", sagte Jiang.
US-Politiker begrüßten Chens Ankunft in den USA, zeigten sich aber zugleich besorgt um das Schicksal seiner Angehörigen in China. Peking müsse die Sicherheit der Angehörigen sicherstellen, hieß es in einer Erklärung des China-Ausschusses des US-Kongresses. Zuvor hatte auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, die Sicherheit von Chens Freunden und Unterstützern gefordert. Die frühere Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, nannte die Ausreise Chens "einen Meilenstein bei den Menschenrechten in China".
Quelle: ntv.de, AFP