Politik

Treffen mit Dalai Lama China warnt den Westen

Die Bundesregierung hat Chinas Führung aufgefordert, über die Unruhen in Tibet Klarheit zu schaffen. "Aus unserer Sicht ist die chinesische Regierung außerordentlich gut beraten, wenn aufgeklärt wird, wenn erkennbar wird, was passiert ist", sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg. "China muss Transparenz schaffen." Hierzu sei es unverzichtbar, dass ausländische Beobachter und internationale Medien wieder Zutritt zu der Region erhielten. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei offen für weitere Treffen mit dem Dalai Lama. Sie habe deutlich gemacht, "dass sie bei passender Gelegenheit durchaus bereit ist, den Dalai Lama wieder zu treffen, mit ihm zu sprechen und aktuelle Themen zu erörtern". Bei dem im Frühjahr geplanten Besuch des religiösen Oberhaupts der Tibeter sei Merkel aber nicht in Deutschland.

Steg bekräftigte die skeptische Haltung der Bundesregierung zu Forderungen nach einem Boykott der Olympischen Spiele in Peking. Die Diskussion um einen Boykott sei "eher geeignet, von der Notwendigkeit abzulenken, auf eine politische Lösung der Konflikte hinzuarbeiten", sagte er. "Wir halten es für unverzichtbar, dass sich beide Seiten - der Dalai Lama und die Regierung in Peking - aufeinander zu bewegen." Hierzu sehe die Bundesregierung keine Alternative. "Wir werden auf unseren Wegen weiterhin in diesem Sinne an einer politischen Lösung der Konflikte arbeiten", sagte Steg.

Deutliche Worte aus Frankreich

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy schließt einen Boykott der Olympischen Spiele in Peking nicht aus. Er halte sich für alle Optionen eine Tür offen, sagte er. Vor allem sei ein Boykott der olympischen Eröffnungsfeier denkbar. "Alles ist möglich, aber ich appelliere an den Sinn der chinesischen Behörden für Verantwortung." Mit ungewöhnlich deutlichen Worten kritisierte zuvor Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner das chinesische Vorgehen. "Die Gewalt muss auf beiden Seiten aufhören, aber vor allem muss die Repression aufhören, weil man jetzt nicht nach Tibet fahren kann." Bislang lehnte Frankreich wie auch andere westliche Regierungen einen Boykott klar ab. Seit dem harten Durchgreifen der chinesischen Regierung gegen Demonstranten in Tibet wird die Möglichkeit eines Fernbleibens von den Spielen im Sommer aber verstärkt diskutiert.

Trotz der anhaltenden Proteste der Tibeter lehnt Peking hartnäckig jede ausländische Vermittlung zur Beilegung des Konflikts ab. Bei neuen Unruhen sind Berichten zufolge mindestens ein Polizist sowie ein tibetischer Mönch getötet worden. Nach Angaben von Exiltibetern sind bei den zehntägigen Protesten gegen die chinesische Fremdherrschaft rund 140 Menschen ums Leben gekommen. Das religiöse Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama, rief seine Landsleute erneut zu Gewaltfreiheit auf und drohte mit seinem Rücktritt. Sollte es weiterhin gewalttätige Demonstrationen geben, habe er keine Wahl, als sich von der politische Bühne zurückzuziehen.

Dalai Lama kann nur "abwarten"

Auf die Krise in Tibet habe er keinen Einfluss, sagte der Dalai Lama der indischen Nachrichtenagentur PTI in Neu Delhi. Daher könne auch er nur "abwarten", wie sich die Situation entwickelt. Der Dalai Lama nimmt in der tibetischen Exilregierung offiziell keine Funktion ein, doch sehen ihn seine Landsleute als Oberhaupt des tibetischen Volkes. Trotz seiner Aufrufe zur Gewaltlosigkeit warf ihm Chinas Außenministerium vor, "die Gewalt, Tötungen, Zerstörungen und Brandstiftungen" in Lhasa von langer Hand organisiert zu haben. "Wir hoffen, dass die internationale Gemeinschaft sich ein klares Bild von dem Wesen des Dalai Lamas und seiner Clique machen kann und ihnen keine Unterstützung leistet", sagte der Sprecher Qin Gang.

Eine ausländische Vermittlung lehnt China weiter ab, sagte der Sprecher. "Tibet ist eine innere Angelegenheit Chinas und erlaubt keine ausländische Einmischung." Wie bereits der britische Premierminister Gordon Brown will sich nach Angaben der Zeitung "Le Figaro" auch die französische Regierung einschalten. Der Berater des Präsidenten, Jean-David Levitte, arbeite hinter den Kulissen für eine Kontaktaufnahme zwischen beiden Seiten. Frankreichs Staatssekretärin für Menschenrechte, Rama Yade, schloss nicht aus, den Dalai Lama auch in Frankreich zu empfangen. "Unsere Tür steht ihm offen."

Peking fordert Schutz

Vor solchen Treffen, die auch in Großbritannien und Polen geplant sind, warnte der Sprecher des Außenministeriums in Peking: "Ihm eine Plattform für seine separatistischen Aktivitäten zu geben, ist nicht angemessen." Ausländische Regierungen forderte der Sprecher auf, den Schutz von chinesischen Botschaften und Konsulaten zu gewährleisten. In 17 Ländern seien Einrichtungen Chinas beschädigt oder die Sicherheit von Diplomaten bedroht worden. Bei den seit Tagen andauernden Protesten von Exil-Tibetern in Nepals Hauptstadt Kathmandu wurden erneut mehr als 100 Demonstranten festgenommen.

Mehr als eine Woche nach Ausbruch der Unruhen in Lhasa wird für ein Dutzend ausgewählter ausländischer Journalisten ein Besuch in Tibets Hauptstadt organisiert. Damit reagiert das Außenministerium auf Proteste gegen das Verbot für Korrespondenten, in die Unruhegebiete zu reisen. Die Gruppe soll am Mittwoch aufbrechen. In Lhasa sind Interviews "mit Opfern der verbrecherischen Aktionen" und Besuche an Orten geplant, "die geplündert und niedergebrannt worden sind". Die Journalisten werden sich - offiziell aus Sicherheitsgründen - aber nicht frei bewegen können.

Quelle: ntv.de

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