Einladung nach Berlin? Chvez sorgt für Wirbel
17.05.2008, 07:57 UhrVenezuelas umstrittener Präsident Hugo Chvez hat den ergebnisarmen EU-Lateinamerika-Gipfel von Peru und Bundeskanzlerin Angela Merkel bis zum Schluss in Atem gehalten. Nach ihrem versöhnlichen Handschlag gab es am Ende zwischen Chvez und Merkel neue Irritationen über eine angebliche Einladung des Linkspopulisten nach Deutschland. Trotz des Wirbels, den Chvez während des Treffens der 60 Länder ausgelöst hatte, nannte Merkel die Begegnungen "nützlich und weiterführend".
Beide Kontinente wollen nach einer zunehmenden Distanz in den vergangenen Jahren ihre Kooperation bei der Armutsbekämpfung und gegen den Klimawandel verstärken. Bei dem schon seit Jahren angestrebten Abschluss von Assoziierungsabkommen zwischen Regionen Lateinamerikas und der EU, die auch die Vereinbarung von Freihandelzonen beinhalten, gab es nur leichte Fortschritte.
Von den 27 EU-Staaten waren nur 15 mit ihren Spitzenrepräsentanten in Peru vertreten. So waren zum Beispiel Großbritanniens Premier Gordon Brown und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nicht angereist. Merkel wurde vom Gastgeber, Perus Präsident Aln Garcia, sehr zuvorkommend behandelt. In zwei Jahren will sich die Runde in Madrid wieder treffen.
Merkel hat keine Planungen
Die Kanzlerin zeigte sich in Lima überrascht über die Aussage von Chvez, sie habe ihn nach Deutschland eingeladen. Chvez habe ihr von seinen früheren Deutschlandbesuchen berichtet, sagte Merkel hingegen zu ihrer kurzen Begegnung mit Chvez, bei der sich beide begrüßt hatten. "Darüber hinaus ist das Gespräch nicht gegangen. Weitergehende Planungen habe ich im Augenblick nicht."
Chvez hatte vergangenen Sonntag für Aufsehen gesorgt, weil er Merkel in die Nähe von Adolf Hitler gerückt hatte. Auf dem Gipfel war er dann auf Merkel zugegangen und hatte ihr die Hand gedrückt. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Andina sagte Chvez danach: "Ich bin hier nicht, um mich zu streiten. Mir hat es sehr gefallen, ihr (Merkel) die Hand zu geben." Er habe Merkel und Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner ein Küsschen gegeben. Er habe Merkel auch gesagt: "Wenn ich mich sehr hart geäußert haben sollte, dann Entschuldigung, hier ist meine Hand."
Chvez hatte kurz vor dem Gipfel gesagt, Merkel habe keinen Verstand. Offenbar haben mehrere ausländische Staats- und Regierungschefs Chvez dann ins Gewissen geredet, die Attacken gegen die Kanzlerin nicht auf die Spitze zu treiben. Merkel hatte sich am Rande des Gipfels mit Boliviens Präsident Evo Morales und Ecuadors Staatschef Rafael Correa Delgado getroffen. Beide gelten wie Chvez als Linkssozialisten.
Erfolgreicher Abschluss
Nach der Beendigung des Gipfels sah die Kanzlerin trotz der allgemein gehaltenen Abschlusserklärung Fortschritte im Verhältnis der beiden Kontinente. Die Teilnehmer-Länder hätten sich auch dazu bekannt, die Artenschutz-Konferenz in Bonn zum Erfolg zu machen.
Nach den Worten Merkels hat es ebenfalls eine Diskussion über die Biokraftstoffe gegeben. Dabei sei die Sorge geäußert worden, dass es einen Gegensatz zwischen der Biokraftstoffproduktion und dem Anbau von Lebensmitteln geben könnte. Dennoch habe Europa die Produktion von Biokraftstoffen grundsätzlich begrüßt.
Spezielle Verbindungen
Die EU will laut Merkel weiter mit einzelnen Gruppen von lateinamerikanischen Ländern Assoziierungsabkommen abschließen, die auch die Einrichtung einer Freihandelszone beinhalten. Im Vordergrund stünde hier die Gruppe der vier Andenstaaten Bolivien, Peru, Ecuador und Kolumbien. Um zu Fortschritten zu kommen, sei denkbar, dass die Staaten einen unterschiedlichen Grad der Verbindung mit Europa wählen könnten, um ihre nationalen Interessen jeweils gerecht zu werden, sagte Merkel. "Jedes Land hat unterschiedliche Vorstellungen." Auch Perus Präsident Aln Garca sprach von einem Erfolg.
Merkel wollte von Lima, der zweiten Station ihrer Lateinamerikareise, nach Kolumbien weiterreisen. Nach einem Besuch Mexikos plant die Kanzlerin, am Dienstag nach Deutschland zurückzufliegen.
Quelle: ntv.de