Politik

Wer geht ran? Clinton setzt auf Emo-Spot

Für Hillary Clinton geht es am kommenden Dienstag bei den Vorwahlen in Texas und Ohio um Sein oder Nichtsein. Sollte Barack Obama der 60-Jährigen in den beiden Schlüsselstaaten klare Niederlagen verpassen, wird sich die einstige Favoritin fragen lassen müssen, ob sie sich nicht besser geschlagen gibt. Falls sie die beiden psychologisch wichtigen Vorwahlen jedoch für sich entscheidet, dürfte ihr das vorerst das politische Überleben sichern. Das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten bliebe offen. Umfragen deuteten auf einen knappen Ausgang hin.

Bisher ging keine der Wahlkampfstrategien von Clinton so recht auf, mal war sie dominant, dann wieder freundlich, zuletzt zickte sie und wirkte dadurch noch mehr in der Defensive. Mit einem neuen Werbespot will sie nun die Wähler doch noch überzeugen, dass sie die bessere Außenpolitikerin ist. Der 30 Sekunden lange Film zeigt Kinder, die friedlich in ihren Betten schlafen. Aus dem Off sagt eine Stimme: "Es ist drei Uhr morgens und Ihre Kinder schlafen sicher. Aber im Weißen Haus klingelt ein Telefon. Etwas passiert in der Welt. Ihre Stimme wird entscheiden, wer diesen Anruf annimmt." Anschließend wird unter anderem erläutert, dass Clinton bereit sei, in einer "gefährlichen Welt" die Führung zu übernehmen.

Obama konterte den Spot gelassen auf einer Wahlkampfveranstaltung in Texas. Der Werbefilm stelle eine berechtigte Frage, sagte er. Clinton habe sie bereits beantwortet, als sie 2002 im Senat für einen Militäreinsatz im Irak stimmte und damit falsch gelegen habe. "Ich werde die Bedrohung durch Terrorismus niemals als ein Mittel annehmen, um durch Angst Stimmen zu bekommen - denn das ist eine Bedrohung, die dieses Land gegen unsere gemeinsamen Feinde auf die Barrikaden bringen sollte. Das ist das Urteilsvermögen, das wir um drei Uhr morgens brauchen."

Die ehemalige First Lady braucht dringend mehr als einen guten Werbespot, sie braucht vorzeigbare, echte Erfolge, und sie hofft dabei vor allem auf Texas. Dort geht es um 228 Delegiertenstimmen, von denen etwas mehr als die Hälfte am Dienstag vergeben wird. Vor allem Hispanics, die ein Drittel aller Wähler stellen könnten, sowie Frauen und Ältere sollen es für Clinton richten. Doch Obama machte ihr in all diesen Kategorien zuletzt Wähler abspenstig. Zudem darf er sich Vorteile in den Großstädten ausrechnen, wie etwa in Houston. Hier leben viele Schwarze, besser Gebildete und Studenten, die die Obama-Hochburgen ausmachen.

125.000 freiwillige Obama-Helfer

Der Schlüssel zum Erfolg könnte die Wählermobilisierung sein, weshalb beide Rivalen den nach Alaska zweitgrößten Bundesstaat seit Wochen mit einem Heer von Helfern überziehen. Allein Obama hat nach Angaben seines Kampagnenchefs in Texas mehr als 125.000 Freiwillige im Einsatz. Die Strategie scheint sich auszuzahlen. Experten zufolge ist gerade in den Großstädten mit einer bis zu zehnmal höheren Wahlbeteiligung als bei den Vorwahlen vor vier Jahren zu rechnen. "Obama könnte damit auf einen Sieg zusteuern", sagt der Politologe Cal Jillson.

Während es in Texas um Fragen wie Einwandererrechte geht, steht in Ohio die Angst vor einer Rezession im Mittelpunkt. Wo einst vor allem Zulieferer für die im benachbarten Michigan ansässigen Autohersteller für eine florierende Wirtschaft sorgten, zeugen heute leerstehende Fabriken, eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquote und die höchste Rate von Eigenheim-Zwangsversteigerungen vom Niedergang. Beide Bewerber punkteten bei der gebeutelten Arbeiterklasse mit der Ankündigung, Freihandelsverträge neu zu verhandeln, die zur Verlagerung von Jobs ins Ausland beigetragen hätten.

Clinton steht nicht zum ersten Mal mit dem Rücken zur Wand. Schon beim Auftakt des Vorwahlmarathons vor zwei Monaten sah es nach ihrer Niederlage in Iowa schlecht aus. Doch in New Hampshire gelang ihr entgegen aller Vorhersagen ein klares Comeback. Einige Beobachter führten das auf einen überraschenden Gefühlsausbruch zurück, mit dem sie ihr Negativ-Image als kühle Karrieristin glattbügelte.

Jetzt setzt die Senatorin aus New York verstärkt auf ihre Jahrzehnte lange politische Erfahrung. Ob ihr das gegen Obamas Botschaft der Hoffnung und des Wandels einen entscheidenden Vorteil bringt, ist fraglich. Fest steht, dass beide weit von den 2025 Delegiertenstimmen entfernt sind, die sie für eine Nominierung brauchen. Sollten die Vorwahlen in Texas und Ohio sowie den kleineren Staaten Rhode Island und Vermont knapp ausgehen, wie es Umfragen derzeit nahelegen, dürfte sich zumindest auf dem Papier nicht viel ändern - und der Vorwahlkampf spannend bleiben.

Bei den Republikanern sind die Würfel hingegen gefallen. Senator John McCain liegt praktisch uneinholbar vor Mike Huckabee. Der 71-Jährige wird wohl für seine Partei in die eigentliche Präsidentschaftswahl Anfang November ziehen.

Quelle: ntv.de

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