Parteichef-Wahl wird zum Debakel Copé beerbt Sarkozy
20.11.2012, 00:55 Uhr
Es war kein strahlender Sieg, aber das Ergebnis steht fest: Der neue Mann an der Spitze der UMP heißt Jean-François Copé.
(Foto: dpa)
Der Machtkampf um das politische Erbe von Nicolas Sarkozy ist zumindest vorerst in einem Desaster geendet. Durch das bürgerlich- rechte UMP-Lager geht nach der Parteichef-Wahl ein Riss. Sieger Jean-François Copé muss erst einmal versöhnen.
Hat er das Format, Nicolas Sarkozy als Führungsfigur der französischen Rechten nachzufolgen? Zwar erklärte eine parteiinterne Kontrollkommission am späten Abend den früheren Fraktionschef Jean-François Copé zum offiziellen Sieger der Mitgliederabstimmung über die neue Spitze der UMP-Partei. Vorausgegangen war aber ein erbittert geführter Zweikampf gegen Ex-Premier François Fillon und die schlecht organisierte Abstimmung vom Sonntag.
Beide Lager hatten den Sieg zunächst für sich beansprucht und sich gegenseitig mit Manipulationsvorwürfen überzogen. "Ein Szenario, wie es schlimmer nicht sein könnte" ("Le Parisien") oder "Die gespaltene UMP" ("Libération") titelten Blätter.
Gänzlich überraschend kam das Wahl-Debakel bei der Schwesterpartei der deutschen CDU unterdessen nicht. Bereits in den vergangenen Wochen hatten sich die beiden Kandidaten über die Medien angegriffen, als wären sie nicht Mitglieder derselben Partei sondern erbitterte politische Gegner. Fillon warf Copé indirekt vor, sich als Demagoge zu betätigen. Dieser hingegen stellte Fillon gerne als wenig durchsetzungsstarken Zauderer dar.
Copé setzt auf Populismus
Der 48 Jahre alte Copé hatte in seiner Kampagne vor allem auf rechte Themen gesetzt. Er prangerte dabei "antiweißen Rassismus" an und unterstellte, dass manche Kinder in Einwandererstadtteilen während des muslimischen Fastenmonats Ramadan keine Schokobrötchen mehr essen könnten. Der zehn Jahre ältere Fillon präsentierte sich als erfahrener und um Ausgleich bemühter Staatsmann und schaffte es damit, in Umfragen als Favorit dazustehen.
Als mögliche Nutznießer des Führungsstreits gelten die rechtspopulistische Front National (FN) unter Marine Le Pen - und der Ex-Präsident Sarkozy. Die FN hofft darauf, bei einer möglichen Neuzusammensetzung des bürgerlich-rechten Lagers eine wichtige Rolle zu spielen. Und viele trauen Sarkozy zu, 2017 eine Revanche gegen den amtierenden Präsident François Hollande zu wollen.
"Der wahre Sieger könnte Nicolas Sarkozy heißen", schrieb "Sud-Ouest" gestern unter Anspielung auf Umfragen, nach denen fast zwei Drittel der UMP-Symphatisanten eine Rückkehr des nach der Wahlniederlage im Mai abgetretenen Präsidenten wünschen. "Je enger das Ergebnis, desto legitimer wäre eine Rückkehr", kommentierte das "Figaro Magazine" bereits vor der Wahl.
Wenig Spott von den Sozialisten
Für unbeteiligte Franzosen hat der Streit unterdessen etwas von einem Déjà-vu-Erlebnis. Vor fast genau vier Jahren hatte sich ein ähnlicher Machtkampf bei den Sozialisten abgespielt. Damals lieferte sich Martine Aubry mit Hollandes früherer Lebensgefährtin Ségolène Royal eine bis dahin beispiellose Fehde um die Parteiführung. Letztere weigerte sich nach einem äußerst knappen Wahlsieg Aubrys, das Ergebnis anzuerkennen. Die bis heute umstrittene Wahl hatte zeitweise eine tiefe Spaltung zur Folge.
Die französischen Sozialisten hielten sich vielleicht auch deswegen mit allzu viel Hohn und Spott zurück. Zudem hat der Streit ihnen nicht langfristig geschadet. Der Machtkampf in den eigenen Reihen im Jahr 2008 verhinderte nicht, dass die Partei in den folgenden Jahren alle wichtigen Wahlen für sich entscheiden konnte - bis hin zur Präsidentenwahl in diesem Mai.
Also vielleicht noch einmal ein Präsidentschaftskandidat Sarkozy? Der Betroffene schweigt und lässt seine Frau für sich sprechen. "Unwahrscheinlich" sei eine politische Rückkehr ihres Mannes, sagte das frühere Model Carla Bruni-Sarkozy jüngst. Aber: "Er wird entscheiden. Die Franzosen werden entscheiden."
Quelle: ntv.de, dpa