Gutscheine für alle? Das Konzept steht schon
03.12.2008, 07:11 UhrDie Debatte um zusätzliche Maßnahmen zur Belebung der Konjunktur gewinnt zunehmend an Fahrt. Heftige Reaktionen löste insbesondere der in der SPD kursierende Vorschlag für Konsumgutscheine aus, für die der SPD-Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach ein Modell entwickelt hat. Die Bundesregierung wollte keine Stellung auch zu Berichten beziehen, wonach die große Koalition an einem zweiten Konjunkturpaket arbeite.
Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete unter Berufung auf Unions- und SPD-Kreise, dass regierungsintern die Sorge wachse, dass die bisher auf den Weg gebrachten Maßnahmen gegen eine Rezession nicht ausreichten. Deshalb werde sowohl in den Fraktionen als auch in den maßgeblichen Ministerien "ohne jedes Denkverbot" darüber nachgedacht, was zusätzlich getan werden könnte. Am 5. Januar wollen die Koalitionsspitzen mögliche weitere Maßnahmen erörtern.
Eigenanteil 200 Euro
Unterstützung von Teilen der SPD erhielt Lauterbach für sein Papier zur Belebung des privaten Konsums. Sein Vorschlag sieht vor, einen Gutschein über 500 Euro an alle erwachsenen Bürger zu verschicken, der acht Wochen lang gültig sein soll und außer im Finanzsektor überall eingelöst werden könnte. Voraussetzung ist ein Eigenanteil von 200 Euro der Bürger. Für Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfänger sowie für Kinder soll die Zuzahlung entfallen. Menschen unter 18 Jahren sollen 250 Euro erhalten. Lauterbach beziffert die Kosten auf etwa 35 bis 40 Milliarden Euro, die durch den Mehrwertsteuer-Rückfluss teils gegenfinanziert würden.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) reagierte deutlich zurückhaltend. Sein Sprecher Torsten Albig sagte auf die Frage nach solchen Konsumgutscheinen, die Politik dürfe nicht in "hektischen Aktionismus" verfallen. Zunächst sollten die Maßnahmen auf ihre Wirkkraft überprüft werden, die bereits beschlossen seien. Parteichef Franz Müntefering hatte am Wochenende erstmals Sympathie für eine Gutschein-Lösung erkennen lassen. In der Fraktionssitzung am Dienstag stellte sich laut "Süddeutscher Zeitung" auch SPD-Vize Andrea Nahles hinter Lauterbachs Konzept. Der saarländische SPD-Chef Heiko Maas nannte dies im ZDF "sinnvoll". Zustimmung kam auch vom Wirtschaftsweisen Peter Bofinger in der "Berliner Zeitung" vom Mittwoch.
CSU zieht Steuersenkungen vor
CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg pläiderte hingegen für Steuerentlastungen statt Konsumgutscheinen, die "ein sündhaft teures Strohfeuer" wären. Bayern kündigte auch an, am Freitag im Bundesrat zu den angestrebten Konjunkturmaßnahmen der Bundesregierung den Vermittlungsausschuss anzurufen. Bundesratsministerin Emilia Müller begründete dies in der "Welt" damit, dass das Konjunkturpaket nicht ausreiche. Die CSU fordert Steuersenkungen schon Anfang 2009.
"Debatte schadet Weihnachtsgeschäft"
Unionsfraktionsvize Michael Meister (CDU) warnte im NDR davor, dass die Diskussion über die Gutscheine die Kauflust der Menschen im Moment bremsen könne. Zudem müsse an die Kosten durch die Neuverschuldung in den Folgejahren gedacht werden. Auch Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU) nannte die Debatte in der "Passauer Neuen Presse" schädlich für das Weihnachtsgeschäft. Der Handel plädierte für Steuersenkungen statt Konsumgutscheinen.
Die FDP forderte ebenfalls Steuersenkungen. "Das ist ein Vorschlag, da können Sie auch zu dem Bauern auf den Hof gehen, ihm die Sau wegnehmen und ein Kotelett zurückbringen und ihm sagen, er soll glücklich sein. Das ist nicht unser Ansatz", sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel bei n-tv.
Die Grünen nannten Lauterbachs Vorschlag eine "Irrsinns-Idee". Müntefering und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier müssten "diesen Unsinn schnell beenden", forderte Fraktionschefin Renate Künast im "Tagesspiegel". Linksfraktionsvize Klaus Ernst warnte ebenfalls vor einer Konsumdämpfung durch eine lange Gutschein-Debatte. Richtiger wären ein staatliches Investitionsprogramm und höhere Löhne, erklärte er.
Quelle: ntv.de