Geld gegen Waffen Deal im Irak
28.03.2008, 12:21 UhrDie irakische Regierung hat den Milizionären des radikalen Schiiten-Predigers Muktada al-Sadr Geld angeboten, falls sie ihre Waffen abgeben. Auf große Resonanz stieß das Angebot aber zunächst nicht. In der südlichen Hafenstadt Basra sahen Augenzeugen sogar mehr Milizionäre der Mahdi-Armee auf den Straßen als zuvor. In Bagdads Schiiten-Vierteln waren den ganzen Tag lang Explosionen zu hören.
Seit Beginn der Kämpfe in der Nacht zum vergangenen Dienstag wurden bisher nach Angaben von Polizei und Krankenhausärzten landesweit mehr als 160 Milizionäre, Soldaten, Polizisten und Zivilisten getötet. Angesichts der Unruhen hatten die Behörden bereits am Donnerstagabend eine mehrtägige Ausgangssperre für die Hauptstadt verhängt. Sie soll bis Sonntag gelten.
US-Truppen greifen ein
Die Kämpfe zwischen den Regierungstruppen und den Milizionären konzentrierten sich auf die Städte Basra, Nassirija und Diwanija sowie auf Bagdads Vorstädte Kadhimija und Sadr-City. Dabei wird die irakische Armee zunehmend von US-Truppen unterstützt. Zum ersten Mal seit Beginn der Kämpfe im südirakischen Basra bombardierte die US-Luftwaffe die Stadt.
Auch in Bagdad waren US-Truppen in heftige Kämpfe verwickelt. Iraks Verteidigungsminister Abdel Kader Dschassim räumte vor der Presse ein, dass die Armee vom Widerstand der Milizen überrascht sei. "Wir sind davon ausgegangen, dass es sich um einen normalen Einsatz handeln wird, aber wir sind über die Gegenwehr überrascht und müssen unsere Pläne und die Taktik ändern", sagte er.
Entscheidender Moment
Für US-Präsident George W. Bush sind die Konfrontationen zwischen den irakischen Sicherheitskräften und schiitischen Milizen ein entscheidender Moment im Irak. Es spreche für die Führungsstärke des irakischen Ministerpräsidenten Al-Maliki, gegen Gruppen vorzugehen, die das Gesetz und die Zentralgewalt ablehnten, sagte Bush in Washington.
Es werde im Irak noch eine Zeit brauchen, bis die Feinde von Freiheit und Demokratie besiegt seien. Die Amerikaner seien bereit, Al-Maliki zu helfen, betonte Bush. Es gebe zweifellos Erfolge und Fortschritt im Irak, auch wenn es nach wie vor Gefahren für die junge Demokratie gebe. Die Kämpfe jetzt seien ein Test für die irakische Demokratie.
Ultimatum verlängert
In einer Regierungserklärung, die in Bagdad veröffentlicht wurde, hieß es: "Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat den Bewaffneten eine Frist ... bis zum 8. April gesetzt, um den Sicherheitskräften ihre mittleren und schweren Waffen auszuhändigen, dafür gibt es dann eine finanzielle Belohnung." Ein konkreter Betrag wurde nicht genannt. Damit verlängerte Al-Maliki ein am Mittwoch gestelltes dreitägiges Ultimatum.
Das irakische Parlament berät in einer Krisensitzung über ein Ende der Gewalt in der Ölstadt. Darauf hätten sich Vertreter der sunnitischen und schiitischen Parteien verständigt, sagte Parlamentspräsident Mahmud Maschhadani.
Allein in Sadr-City seien in den vergangenen vier Tagen 39 Menschen getötet und 389 weitere verletzt worden, meldete die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak unter Berufung auf Krankenhausärzte. In Basra sollen bisher mindestens 75 Iraker ums Leben gekommen sein. Augenzeugen berichteten, die Polizei habe mit Schüssen in die Luft Hunderte von Sadr-Anhängern auseinandergetrieben, die für eine friedliche Beilegung der Krise demonstriert hätten. Bei Gefechten in der Stadt Nassirija seien zwei Polizisten und fünf Milizionäre getötet worden. Mehrere Milizionäre seien festgenommen worden.
Die US-Armee meldete, ein amerikanischer Soldat sei am Donnerstag durch eine Sprengstoffattacke in Ost-Bagdad ums Leben gekommen. Bereits am Mittwoch töteten US-Soldaten nach Armeeangaben in Bagdad 24 "Terroristen". Am Donnerstag habe man weitere 26 "Terroristen" in der Hauptstadt getötet, hieß es.
Massengrab entdeckt
In der Kleinstadt Al-Makdadija nordöstlich von Bagdad wurde ein Massengrab mit den Leichen von 37 Mordopfern entdeckt. Die Leichen, die Folterspuren aufwiesen, waren vor mindestens zwei Monaten vergraben worden. Al-Makdadija liegt in der Provinz Dijala nordöstlich von Bagdad. In der Kleinstadt hatte es in den vergangenen Monaten heftige Gefechte mit El-Kaida-Terroristen gegeben.
Ein Leibwächter starb, als das Büro des sunnitischen Vizepräsidenten Tarik al-Haschimi von Mörsergranaten getroffen wurde. Sechs weitere Menschen erlitten Verletzungen, meldete Aswat al-Irak. Am Donnerstag töteten amerikanische und irakische Soldaten an einer Straßensperre in Bagdad nach US-Armeeangaben acht Extremisten. Auch ein irakischer Soldat sei getötet worden, hieß es.
Quelle: ntv.de