Ächtung von Streumunition Deutsche Doppelmoral
22.02.2008, 18:58 UhrDie internationale Ächtung tödlicher Streumunition ist einen Schritt näher gerückt. 82 Länder, darunter Deutschland, sprachen sich in Neuseeland dafür aus, Einsatz, Produktion, Weitergabe und Lagerung solcher Munition zu verbieten. Die Verhandlungen über eine entsprechende Konvention sollen im Mai in Dublin abgeschlossen werden, heißt es in der "Erklärung von Wellington".
Allerdings formulierten Deutschland und andere Länder in der neuseeländischen Hauptstadt Änderungswünsche an dem geplanten Konventionstext. Einige wollen Ausnahmen von dem Verbot für bestimmte Munition durchsetzen, andere Übergangsfristen. Neuseelands Verteidigungs- und Abrüstungsminister Phil Goff gab sich aber optimistisch: Er gehe davon aus, dass sich die meisten Länder dem breiten Konsens anschließen, sagte er. Die Konvention werde in Dublin "mit hoher Wahrscheinlichkeit" verabschiedet. Sie soll Ende des Jahres in Oslo unterzeichnet werden.
Streumunition besteht aus Hunderten kleiner Sprengkörper, die mit Granaten oder Bomben abgeschossen werden. Viele Blindgänger bleiben am Boden liegen und explodieren erst Jahre später. Tausende Menschen werden durch diese Munition jedes Jahr getötet oder verletzt. Einige der größten Produzenten und Verwender nehmen an den Bemühungen um ein Verbot nicht teil: USA, Russland, China, Israel, Indien und Pakistan. Insgesamt produzieren 34 Länder Streumunition, und 76 haben Lagerbestände.
Der Sprecher der Hilfsorganisation Handicap International Network, Rae McGrath, zeigte sich zufrieden. "Die Welt hat sich geändert. Die einstigen Kolonien haben zusammengehalten und die ehemaligen Kolonialherren gezwungen, sich der Mehrheit anzuschließen", sagte er. "Länder wie Großbritannien, Deutschland und Frankreich reflektieren hier nicht die internationale Sorge um unschuldige Opfer, sondern scheinen eher daran interessiert, ihre Waffenarsenale zu verteidigen."
Als in Wellington klar wurde, dass die Mehrzahl der gut 100 vertretenen Länder keine Schwächung des Textes dulden würde, hätten mehrere Regierungsvertreter einen Rückzug aus den Verhandlungen angedroht, sagte McGrath. Die kleineren Länder, die ein totales Verbot ohne Einschränkungen wollen, hätten sich davon aber nicht abschrecken lassen. Sie seien eher bereit gewesen, weniger Unterzeichner in Kauf zu nehmen als den Text zu verwässern.
Deutsche Doppelmoral
Mehrere Organisationen wie Brot für die Welt und Oxfam kritisierten die Haltung Deutschlands in den Verhandlungen. "Es grenzt an Zynismus, sich als Anwalt derjenigen Länder zu präsentieren, die unter dem Einsatz von Streumunition leiden, und gleichzeitig alles zu unternehmen, ein umfassendes Verbot von Streumunition zu verhindern", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von 17 Organisationen. Zu den Unterzeichnern gehörten auch terre des hommes, Pax Christi, Kinder-Nothilfe, Christopher Blindenmission und Miserior.
Quelle: ntv.de