Endlich volljährig Deutschland feiert die Einheit
03.10.2008, 10:26 UhrDeutschland darf nach Ansicht von Bundespräsident Horst Köhler seiner Führungsverantwortung in Europa nicht ausweichen. "Wir haben keinen Grund, uns größer zu machen als wir sind. Aber auch nicht kleiner", sagte er beim Festakt zum 18. Jahrestag der Deutschen Einheit in Hamburg. Diese Verantwortung verlange, "dass wir sagen, was wir in der Europäischen Union als deutsche Nation selber wollen". Es bedeute auch, "dass wir gleichzeitig jederzeit zum fairen Interessenausgleich mit unseren Partnern bereit sind". Die Welt benötige das europäische Modell in Zeiten des globalen Umbruchs. "Trauen wir uns und Europa etwas zu."
"Unsere Nation steht vor großen Aufgaben", sagte Köhler. Es gehe um Arbeit, um Bildung, um Integration. Deutschland müsse dabei jedoch nicht bange sein. Der Bundespräsident betonte, das Gute an Deutschland sei vor allem, "dass wir gelernt haben aus der Geschichte, und wir lernen weiter". Die Lernfähigkeit sei "Teil unserer Kultur, unseres Charakters" geworden. Köhler: "Wir sind auf rücksichtsvolle Weise neugierig, wenn wir uns ernsthaft in der Welt umschauen. Wer draußen etwas anders macht als wir, der weckt unser Interesse, nicht unsere Ablehnung."
Lebendige Kultur
Zum Auftakt der Feierlichkeiten hatte der amtierende Bundesratspräsident Ole von Beust die Bedeutung der Kultur hervorgehoben. Sie stehe für das Gemeinschaftsgefühl der Deutschen, betonte der Erste Bürgermeister Hamburgs. Er mahnte mit Blick auf das Motto "Kulturnation Deutschland", Kindern und Jugendlichen Kultur nahezubringen. "Unsere Klassiker können nur noch die wenigsten zitieren. Das sollten wir ändern!" Die Menschen bräuchten "ein Wissen über unsere Kultur, das Freude macht, das im Alltag lebendig ist und deshalb die Menschen miteinander verbinden kann".
Insgesamt sei die deutsche Einheit vor allem für die junge Generation eine Selbstverständlichkeit geworden. "Sie hat das Herz der Menschen erreicht, auch wenn sie in allen Punkten noch nicht vollendet ist", sagte Beust. So könnten die Menschen die Vielfalt der Kultur erleben - "übrigens auch dank der Einflüsse von außen und von Menschen aus anderen Kulturen, die in Deutschland eine neue Heimat gefunden haben.
Neue Mitbewohner für das Deutschlandhaus
Beust sagte, die Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West bleibe Ziel der Politik. Zuvor hatten die evangelische Bischöfin Maria Jepsen und der katholische Erzbischof Werner Thissen für die Integration von Zuwanderern geworben. Beim ökumenischen Gottesdienst im Hamburger Michel zum Auftakt des dreitägigen Fests sagte Jepsen in ihrer Predigt: "Vielfalt als Reichtum zu verstehen, das bleibt unsere Aufgabe." Thissen betonte: "Neue Mitbewohner unseres Hauses kommen zu uns aus anderen Kulturkreisen und Religionen. Auch für sie und mit ihnen müssen wir weiterbauen."
Auf Randale vorbereitet
Mehrere hundert Demonstranten aus dem linken Spektrum versammelten sich in Hamburg zum Protest gegen die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit. Nach Angaben der Polizei kamen die Teilnehmer in der Hafenstraße im Stadtteil St. Pauli zusammen. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz. Die Behörden haben sich auf "gewaltsame Störaktionen" eingestellt. Zunächst sei es ruhig geblieben, hieß es.
Am Nachmittag begann in der Handestadt ein Bürgerfest, bei dem sich unter dem Motto "Kulturnation Deutschland" die 16 Bundesländer präsentieren.
Quelle: ntv.de