Zu viele neue Schulden Deutschland im EU-Verfahren
13.11.2002, 11:44 UhrJetzt ist es offiziell: Die EU-Kommission sagt für Deutschland im laufenden und im kommenden Jahr ein überhöhtes Defizit voraus. Für 2002 werden 3,8 Prozent, für 2003 noch 3,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwartet, teilte die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel in ihrer Herbst-Konjunkturprognose mit.
Wegen der Überschreitung der Defizitgrenze von drei Prozent leitete die EU-Kommission ein Defizitverfahren gegen Deutschland ein. In letzter Konsequenz drohen Deutschland Geldbußen von bis zu 0,5 Prozent des BIP - dies wären bis zu zehn Mrd. Euro.
EU-Währungskommissar Pedro Solbes äußerte sich positiv zum Sparprogramm der Berliner Regierung, betonte jedoch, die Kommission habe nicht alle Absichtsbekundungen berücksichtigen können. Die Bundesregierung bekräftigte, im kommenden Jahr werde Deutschland unter der Defizitgrenze bleiben. "Ich kann die Entscheidung der Europäischen Kommission nachvollziehen, zumal die Kommission weiß, dass die Situation im nächsten Jahr anders aussehen wird", kommentierte Kanzler Gerhard Schröder das Defizitverfahren.
Für die Euro-Zone erwartet die EU-Kommission ein Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent für das kommende nach 0,8 Prozent für das laufende Jahr. Das deutsche Wirtschaftswachstum liegt nach Brüsseler Einschätzung im nächsten Jahr bei 1,4 Prozent, im laufenden Jahr bei 0,4 Prozent. Zum Vergleich: Die Bundesregierung erwartet 0,5 Prozent für 2002 und rund 1,5 Prozent für 2003; die deutschen "Wirtschaftsweisen" rechnen nur mit 0,2 und 1,0 Prozent.
Blauer Brief für Frankreich
Außer Deutschland haben in Euroland auch Frankreich, Italien und Portugal erhebliche Probleme mit der Neuverschuldung. Paris kommt nach Schätzung der Kommission im kommenden Jahr auf ein Haushaltsdefizit von 2,9 Prozent vom BIP nach 2,7 Prozent im laufenden Jahr. Frankreich muss damit mit einem Defizit-Warnschreiben aus Brüssel rechnen.
In Italien, wo im kommenden Jahr 2,2 Prozent Defizit nach 2,4 Prozent im laufenden Jahr erreicht werden, sei die Situation anders, sagte Solbes. Für Rom gebe es daher keinen Blauen Brief. Solbes äußerte sich jedoch sehr kritisch zur italienischen Staatsverschuldung, die im laufenden Jahr über 110 Prozent vom BIP erreichen soll. Das Maastricht-Kriterium zur Euro-Teilnahme beträgt 60 Prozent vom BIP.
Quelle: ntv.de