Späte Einsicht Diätenerhöhung gestoppt
20.05.2008, 13:17 UhrDie geplante Diätenerhöhung für die Bundestagsabgeordneten ist vorerst vom Tisch. Die Fraktionschefs von Union und SPD, Volker Kauder (CDU) und Peter Struck, wollen ihren Fraktionen vorschlagen, "die geplante Diätenerhöhung in der nächsten Woche nicht zu beschließen", hieß es übereinstimmend in getrennten Erklärungen.
Kauder fügte hinzu: "Wir halten grundsätzlich die Orientierung der Abgeordnetenentschädigung an der Besoldung einfacher Bundesrichter oder kommunaler Wahlbeamter für richtig. Sie jetzt aber offensichtlich nicht vermittelbar." Struck sagte, er halte angesichts der öffentlichen Diskussion eine Umsetzung "nicht für möglich". Gegen die Pläne hatten sich zahlreiche Abgeordnete von SPD und Union ausgesprochen.
Ein SPD-Fraktionssprecher hatte zuvor bereits Berichte bestätigt, wonach Struck mit Kauder darüber sprechen wolle, das bereits eingeleitete Gesetzgebungsverfahren anzuhalten. Gegen die geplante Erhöhung, die bereits in erster Lesung vom Bundestag behandelt worden war, hatte es heftige Kritik von Opposition und Verbänden, aber auch an der SPD-Basis gegeben. Die SPD hatte in der Vergangenheit mehrfach versucht, der CDU/CSU im Gegenzug für höhere Diäten weit reichende Kürzungen bei der Altersversorgung für Abgeordnete abzuringen. Der Widerstand gegen die geplante Erhöhung wuchs auch in der Union.
"Das ist den Bürgern nicht mehr zu erklären. Ich und andere werden dem Vorhaben nicht zustimmen", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Clemens Binninger der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Neben ihm wollten auch die CDU-Abgeordneten Michael Hennrich, Ingo Wellenreuther, Karl-Georg Wellmann und Michael Brand im Bundestag gegen die Anhebung ihrer Bezüge stimmen, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Fraktionskreise.
In der jüngsten Sitzung des Geschäftsführenden Unionsfraktions-Vorstandes sei es zu einer Auseinandersetzung über die Pläne gekommen, hieß es. Teilnehmer hätten berichtet, Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) habe die Erhöhung als nicht vermittelbar bezeichnet und sich für eine Rücknahme ausgesprochen. Geplant ist, die Diäten binnen zwei Jahren um rund 490 Euro zu erhöhen. Zusammen mit einer Ende 2007 beschlossenen Erhöhung würden die Diäten damit innerhalb von drei Jahren um 16 Prozent steigen.
Auch der Berliner CDU-Bundestagsabgeordnete Wellmann kündigte an, gegen den Plan zu stimmen. "Diese Erhöhung ist den Menschen überhaupt nicht zu vermitteln", sagte er dem "Tagesspiegel". Die große Koalition mute vielen gesellschaftlichen Gruppen eine Menge zu. "Da passt die Diätenerhöhung einfach nicht ins Bild. Man kann nicht gegen eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung so etwas durchsetzen."
Nach Informationen der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" haben führende Abgeordnete der SPD-Fraktion ihr Veto gegen die Anhebung der Abgeordnetenbezüge angekündigt. In einem Brief machten Karl Lauterbach, Lale Akgün, Ralf Mützenich und Martin Dörmann Front: "Eine erneute Diäten-Erhöhung innerhalb kürzester Zeit untergräbt das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik."
So wolle inzwischen gut ein Drittel der 54 NRW-Bundestagsabgeordneten in der SPD-Fraktionssitzung gegen die Vorlage stimmen, schreibt die Zeitung. Auch SPD-Parlamentarier aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Sachsen und Hamburg hätten ihre Ablehnung geäußert.
Die ursprünglichen Pläne
Die Koalitionspläne hatten vorgesheen, als Folge des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst die zu versteuernden Einkünfte zum 1. Januar 2009 um weitere 278 Euro auf 7946 Euro (plus 3,63 Prozent) anzuheben. Am 1. Januar 2010 ist ein weiterer Anstieg um 213 Euro (2,68 Prozent) auf 8159 Euro festgelegt.
Im November 2007 hatte der Bundestag mit den Stimmen von Union und SPD bereits eine Anhebung der Diäten in zwei Schritten um mehr als neun Prozent beschlossen: zum 1. Januar 2008 um 330 auf 7339 Euro (plus 4,7 Prozent) sowie für Anfang 2009 auf 7668 Euro (plus 4,48 Prozent). Ziel war, die Einkünfte an die Vergütungen von einfachen Bundesrichtern anzupassen.
Quelle: ntv.de