Irak zurück im Wahlkampf Die Fronten sind klar
09.04.2008, 15:07 UhrDer Irak-Krieg ist in den US-Wahlkampf zurückgekehrt und die Fronten sind klar. Sollten die Demokratin Hillary Clinton oder ihr Parteikollege Barack Obama ins Weiße Haus einziehen, werden die USA ihre Truppen aller Voraussicht nach schneller aus dem ölreichen Golfstaat abziehen als bislang geplant. Sollte der Republikaner John McCain im November das Rennen um die Nachfolge seines Parteifreundes George W. Bush machen, bleibt der zeitliche Horizont des Einsatzes auch im sechsten Jahr nach Kriegsbeginn weit offen und die Armeeführung steuert den Abzug nach eigener Einschätzung.
Wochenlang beherrschte die Angst vor einer Rezession der größten Volkswirtschaft den Wahlkampf, der demnächst in seine heiße Phase geht. Der Lagebericht des Oberbefehlshabers im Irak, General David Petraeus, in Senat und Abgeordnetenhaus lenkte den Blick der kriegsmüden Amerikaner wieder darauf, dass sie im Herbst auch entscheiden, wie es in dem zerrütteten Golfstaat weitergeht.
Petraeus' Einschätzung klang nicht rosig: "Wir haben noch keine Kurve gekriegt, wir sehen keine Lichter am Ende des Tunnels. Der Champagner steht im Kühlschrank wieder ganz hinten. Und die Fortschritte, die erkennbar sind, sind nicht gesichert und können jederzeit wieder verloren gehen", sagte er am Dienstag.
Obama verlangt mehr Druck
Geht es nach Obama, müssen die USA den irakischen Politikern mehr abverlangen, damit das Land endlich zur Ruhe kommt. Deshalb müsse der Druck erhöht werden, unter anderem durch einen klaren Zeitplan für eine Reduzierung der militärischen Stütze. "Niemand verlangt einen überstürzten Abzug, aber der Druck muss auf angemessene Weise verstärkt werden", sagte Obama im außenpolitischen Ausschuss des Senats.
Clinton rückte in den Mittelpunkt, wie der Irak-Einsatz die Armee bis an ihre Belastungsgrenze strapaziert: "Es ist Zeit, einen geordneten Abzug unserer Truppen zu beginnen, unsere Armee wieder aufzubauen und auf die Herausforderungen auszurichten, die Afghanistan, die weltweit operierenden Terror-Gruppen und andere Probleme bedeuten", sagte sie im Streitkräfte-Ausschuss des Oberhauses.
"Echte Aussicht auf Erfolg"
McCain verteidigte dagegen die jetzige Strategie des Militärs, hinter die sich Bush angesichts beispiellos schlechter Umfragewerte für seine Irak-Politik zurückgezogen hat: "Wir blicken nicht mehr in den Abgrund einer möglichen Niederlage, sondern haben eine echte Aussicht auf Erfolg", betonte er.
Petraeus will nach dem bereits fest zugesagten Abzug von rund 20.000 Soldaten bis Juli erst einmal eine mehr als sechswöchige Pause einlegen, dann die Sicherheitslage überprüfen und irgendwann anschließend entscheiden, ob die Armee auf noch mehr Truppen verzichten kann. Damit könnte die Einsatzstärke zum Amtsantritt des neuen Präsidenten gut und gerne noch immer bei rund 140.000 Soldaten liegen. Das kommt die schwächelnde Volkswirtschaft auch finanziell teuer zu stehen.
Alle drei potenziellen Staatsoberhäupter überließen im Streit um die richtige Taktik das Sticheln und Nachhaken diversen Parteifreunden, die keine präsidententaugliche Haltung an den Tag legen müssen. Petraeus verstand die Stellvertreter-Kriege dennoch richtig: Als ihn der demokratische Senator Evan Bayh aufforderte, Vaterlandsliebe und Patriotismus auch bei den Gegnern seiner Strategie anzuerkennen, antwortete er: "Wir kämpfen für das Recht der Menschen, eine andere Meinung zu haben." Der nächste Präsident ist auch sein nächster Vorgesetzter.
Quelle: ntv.de, Von Jeff Mason, rts