Politik

Gesellschaft im Rausch Die Jugend trinkt zu viel

"Kampftrinken" - im schlimmsten Fall bis zur Bewusstlosigkeit - hat bei Jugendlichen Konjunktur. Jeder zweite 16- bis 17-Jährige trinkt mindestens an einem Tag im Monat fünf oder mehr Gläser Alkohol, ergab die Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA). Danach greifen Jugendliche nach einem kurzfristigen Rückgang insgesamt wieder verstärkt zu Bier, Wein und Schnaps. Wöchentlich konsumieren 12- bis 17-Jährige im Durchschnitt 50,4 Gramm reinen Alkohol. Das entspricht rund 1,3 Litern Bier. Im Jahr 2004 waren es 44,2 Gramm (1,1 Liter), 2005 nur 34,1 Gramm (0,8 Liter).

Die Drogenbeauftragte des Bundesregierung, Sabine Bätzing, bezeichnete die Zahlen als "Besorgnis erregend". Ursache für den Anstieg ist nach Angaben der Suchtexperten, die rund 3600 Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren befragten, ein höherer Konsum von Bier, aber auch von Bier-Mischgetränken und Spirituosen. Vor allem weibliche Jugendliche zwischen 16 und 17 Jahren haben Geschmack an Bier gefunden: Mehr als die Hälfte (52 Prozent) von ihnen gab an, mindestens einmal im Monat Bier zu trinken. 2004 waren es 32 Prozent. Nach wie vor trinken die gleichaltrigen Jungen am meisten Bier: 76 Prozent gaben an, mindestens einmal im Monat Bier zu trinken.

Zu leicht zugänglich

Bätzing sieht vor allem auch die Eltern in der Pflicht, um gegen den steigenden Alkoholkonsum vorzugehen. "Die Kinder, die Jugendlichen, erleben in der Gesellschaft, erleben zuhause, in ihrem Umfeld, bei Nachbarn, im Verein, bei Freunden, dass Alkohol immer und überall dazugehört, dass bei jeder Gelegenheit Alkohol getrunken wird und wir mit unseren zehn Litern pro Kopf pro Jahr auch ein schlechtes Vorbild abgeben und eben nicht maßvoll konsumieren", sagte die Drogenbeauftragte bei n-tv. Dazu komme die sehr leichte Verfügbarkeit von Alkohol.

Eine Steuer auf Bier und süße Bier-Mischgetränke nach Vorbild der Alcopops ist derzeit allerdings nicht geplant. Stattdessen solle die Gesellschaft mehr Verantwortung übernehmen, so Bätzing. Die Direktorin der BZGA, Elisabeth Pott, kritisierte, dass Alkoholkonsum allgemein als Trinkkultur bezeichnet und seine Folgen verharmlost werden.

1,6 Millionen Deutsche sind Alkoholiker

Von 1973 bis 2000 sank nach Angaben der BZGA der Alkoholkonsum von Jugendlichen in Deutschland kontinuierlich. 2001 bis 2004 verzeichneten die Experten jedoch einen Anstieg, den sie auf die "Alcopops" zurückführen. Nach Einführung der Steuer auf die alkoholhaltigen Limonaden sank der Alkoholkonsum zwar vorübergehend, stieg 2007 aber wieder an. Zurzeit trinken 43 Prozent der Jugendlichen zwischen 16 und 17 Jahren mindestens einmal in der Woche Alkohol, vier Prozentpunkte mehr als 2005.

Rund 1,6 Millionen Menschen gelten in Deutschland derzeit als alkoholabhängig. Mehr als 10 Millionen Menschen konsumieren Alkoholika "in riskanter Weise", sagte Bätzing. In einer bundesweiten Aktionswoche will sie gemeinsam mit der BZGA und der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen das kritische Bewusstsein der Bevölkerung für den eigenen Alkoholkonsum schärfen. Von Freitag bis Montag informieren Experten bundesweit bei mehr als 2000 Veranstaltungen über Alkohol und seine Folgen.

Quelle: ntv.de

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