Politik

Merkel ist zu zögerlich EU-Politiker hoffen auf mutigen Kanzler Scholz

Bringt Olaf Scholz mehr Mut für die Europapolitik mit? Die Meinungen von EU-Parlamentariern gehen auseinander.

Bringt Olaf Scholz mehr Mut für die Europapolitik mit? Die Meinungen von EU-Parlamentariern gehen auseinander.

(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)

Angela Merkel ist bekennende Europäerin, vielen EU-Parlamentariern tritt sie aber oft zu zögerlich auf. Es besteht nun Hoffnung, dass es unter dem designierten Kanzler Scholz anders wird. An Herausforderungen mangelt es nicht. Interessant wird die Zusammenarbeit mit Ursula von der Leyen.

"Mit Mut für Europa": So hieß eine Veranstaltung, bei der Olaf Scholz Ende Juni auftrat und bei der er für ein starkes Europa warb. Auf einen möglichst mutigen deutschen Kanzler hoffen auch viele EU-Partner und Politiker im Europaparlament. Denn von der Pandemie-Bekämpfung über den Klimaschutz bis zur Flüchtlingspolitik: Europa steht vor gewaltigen Aufgaben.

"Europa schaut heute auf Berlin", erklärte der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold anlässlich der Vorstellung des mit Spannung erwarteten Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und FDP in Berlin. Viele Menschen erhofften von der neuen Bundesregierung "ein Ende des Zögerns und Zauderns in Brüssel", sagt Giegold. Denn obwohl Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem EU-Gipfel im Oktober mit Lobeshymnen verabschiedet wurde, werfen ihr nicht wenige in Brüssel eine zu abwartende Haltung vor. Zugleich aber herrscht Unsicherheit, was genau die Linie der "Ampel" sein soll. Schließlich spielte die Europapolitik im deutschen Wahlkampf kaum eine Rolle.

"Was ist der deutsche Kurs, wofür steht Deutschland? Da müssen wir sehr schnell Klarheit haben", mahnte zuletzt der österreichische Bundeskanzler Alexander Schallenberg von der konservativen Österreichischen Volkspartei. "Die Ampel-Koalition muss auf die Europapolitik einen Schwerpunkt legen, sonst ist die Gefahr groß, dass Deutschland dort abgemeldet wird", betont der CSU-Europapolitiker Manfred Weber, der die Fraktion der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament anführt. Zwar ist der bisherige Finanzminister Scholz auf Brüsseler Parkett beileibe kein Unbekannter. Aber die Fußstapfen, in die er tritt, hält Weber dennoch für sehr groß: "Angela Merkel hinterlässt eine große Lücke", unterstreicht der CSU-Mann.

Ist Scholz über Ursula von der Leyen hergezogen?

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Was EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen von der künftigen deutschen Regierung hält, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Kein Kommentar zur Innenpolitik in Mitgliedstaaten, heißt es seit der Bundestagswahl Ende September von der Brüsseler Kommission. Von Scholz wird in Brüssel gemunkelt, er halte die frühere Bundesverteidigungsministerin und Merkel-Vertraute für eine Politikerin, die eher auf Schlagzeilen aus sei. Wegen der anfangs schleppenden Impfstoffbeschaffung durch die EU-Kommission soll der beherrschte Hamburger sogar einmal im Berliner Kabinett die Contenance verloren haben und über von der Leyen hergezogen sein. Wird Scholz damit zum Gegenspieler der mächtigen Kommissionschefin? Oder zieht er letztlich mit ihr an einem Strang, weil seine Ampel-Koalition zentrale EU-Vorhaben wie den Klimaschutz voranbringen will? Erste Hinweise dürfte es beim nächsten Brüsseler Gipfeltreffen am 16. und 17. Dezember geben, bei dem Scholz nach jetziger Planung seinen ersten Auftritt als Kanzler hat.

Mit wenig Aufbruch rechnet der Europapolitiker Martin Schirdewan von der Linkspartei: "Wenn sich der süße Cannabisrauch verzogen hat, wird Ernüchterung einkehren", meint er. Wegen der teils gegensätzlichen Positionen der Ampel-Parteien fürchtet er eine fortgesetzte "Politik des Stillstandes" etwa in der Sozial-, Umwelt- oder Steuerpolitik. Dass Olaf Scholz zu einer Art europäischem Vater Courage mutiert, kann sich auch der Satiriker Martin Sonneborn nicht vorstellen, der seit 2014 im Europaparlament sitzt: "Ich erwarte, dass die Interessen der deutschen Wirtschaft auch weiterhin vor die Interessen unserer 26 Satellitenstaaten gestellt werden", ätzt er.

Quelle: ntv.de, Von Stephanie Lob, AFP

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