Friedensgespräche in Nahost EU diskutiert Rolle der Hamas
10.03.2008, 20:07 UhrIn der Europäischen Union ist eine Debatte über den Umgang mit der radikal-islamischen Hamas in den festgefahrenen Nahost-Friedensgesprächen entbrannt. "Aus meiner Sicht sollte man jetzt an praktischer Verantwortung arbeiten - an der Einbeziehung aller", forderte Österreichs Außenministerin Ursula Plassnik am Rande eines Treffens mit ihren EU-Kollegen in Brüssel. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigte sich mit Blick auf eine mögliche Beteiligung der Hamas an künftigen Verhandlungen dagegen skeptisch. "Die Lage für Präsident Abbas würde mit Sicherheit nicht vereinfacht. Im Gegenteil: Sein Spielraum für Verabredungen mit Israel würde eher erschwert werden."
Ägyptische Vermittlung
Die ägyptische Regierung hatte in den vergangenen Tagen versucht, zwischen der Hamas und der politischen Führung in Jerusalem zu vermitteln. Der Vorschlag, selbst in direkte Gespräche mit der Palästinensergruppe zu treten, wurde im Kreis der EU-Außenminister diskutiert. Dabei konnten sich die Ressortchefs aber auf keine klare Linie gegenüber der Hamas einigen, die in der EU als Terrororganisation gilt und den gesamten Gazastreifen kontrolliert.
"Natürlich haben die Ägypter unsere Unterstützung darin, die von der Hamas beeinflusste Gewalt einzudämmen", sagte Steinmeier. "Aber ich glaube, es wäre keine gute Idee, wenn wir von hier aus den Ratschlag geben, die Hamas in den Friedensprozess von Annapolis einzubeziehen." Plassnik sprach sich indirekt dafür aus, mit der Hamas zunächst nur über die Öffnung des Grenzpostens Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen zu verhandeln - unter der Bedingung, dass sich die Hamas wieder der gemäßigten Fatah annähere.
Als möglichen Kompromiss zwischen einer Einbeziehung und einem Ausschluss der Hamas sahen mehrere EU-Außenminister ein stärkeres Bekenntnis zur ägyptischen Vermittlungsstrategie. "Wir müssen Ägypten unterstützen, damit der Friedensprozess eine kleine Chance hat, wieder gestartet zu werden", sagte Luxemburgs Außenamtschef Jean Asselborn. Ähnlich äußerte sich der britische Außenminister David Miliband. Zwar müsse "mit all denjenigen gesprochen werden, die an friedlichen Prozessen und Ergebnissen im Nahen Osten interessiert sind", sagte er. Die direkten Verhandlungen zwischen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Israels Premier Ehud Olmert müssten aber Priorität haben.
Auch Steinmeier lobte die Regierung in Kairo für ihre Bemühungen. "Wir wünschen uns, dass es nach den Gewaltexzessen der letzten Tage zu einer Beruhigung der Situation kommt - und zwar nicht nur vorübergehend. Dank und Respekt vor den Bemühungen der Ägypter!" Dass zunächst aber die Waffen schweigen müssten, betonte auch der EU-Außenbeauftragte Javier Solana.
Kritik an Israels Siedlungspolitik
Kritik wurde dagegen an Plänen Israels laut, den Ausbau jüdischer Siedlungen ungeachtet der neuen Welle der Gewalt fortzusetzen. "Ich sage auch, dass wir die gestrigen Ankündigungen mit Sorge betrachten, weil sie für die ohnehin labil verlaufenden Gespräche nicht förderlich sind", sagte Steinmeier. Solana teilte die Einschätzung des deutschen Außenministers: "Der Friedensprozess stößt auf Schwierigkeiten. Die Frage der Siedlungen ist eine sehr wichtige Frage." Nach den Worten des derzeitigen EU-Ratsvorsitzenden Dmitrij Rupel werde das Thema "auf jeden Fall" auf der Tagesordnung des Brüsseler EU-Gipfels an diesem Donnerstag und Freitag stehen.
Auch die USA haben die israelischen Pläne über den Bau weiterer jüdischer Siedlungen in Ost-Jerusalem kritisiert. "Die US-Politik zu diesem Thema ist gut bekannt", sagte Außenministerin Condoleezza Rice am Rande eines Treffens mit ihrer israelischen Kollegin Zipi Liwni in Washington. Es müsse "alles mögliche getan werden", um die Atmosphäre für Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern "so gut wie möglich zu gestalten". Ihre Sprecher Sean McCormack sagte, die israelischen "Ankündigungen sind nicht hilfreich".
Quelle: ntv.de