Güter für 700.000 Euro geplant EU will Migranten in Belarus versorgen
17.11.2021, 22:21 Uhr
Nach einem Einlenken des belarussischen Diktators im Grenzstreit mit Polen liefert die EU Hilfsgüter für die gestrandeten Migranten. Während morgen Flüchtlinge in den Irak zurückfliegen, stimmt sich Merkel mit Lukaschenko und Polens Premier Morawiecki ab.
Die EU hat Hilfslieferungen für die in Belarus festsitzenden Migranten angekündigt. In einem ersten Schritt sollen Nahrung, Decken und andere Güter im Wert von 700.000 Euro in die Region an der Grenze zu Polen gebracht werden, teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit. "Wir sind bereit mehr zu tun", ergänzte sie. Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte das zweite Mal binnen drei Tagen mit dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko. Nach Auskunft von Merkels Sprecher forderte sie Lukaschenko auf, die Hilfen der EU und der Vereinten Nationen zuzulassen. Es gehe für die betroffenen Menschen um humanitäre Versorgung und um Möglichkeiten, in die Heimatländer zurückzukehren.
Am Donnerstag sollen irakische Migranten in einem ersten Flug von Belarus in ihre Heimat gebracht werden, wie die russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf den irakischen Botschafter in Moskau meldete. Nach Angaben des Auswärtigen Amts in Berlin haben sich 170 Iraker an der belarussisch-polnischen Grenze für eine "zeitnahe Rückführung" gemeldet. Laut Bundesinnenministerium hat sich die Lage an der deutsch-polnischen Grenze entspannt. Die Zahl in Brandenburg ankommender Migranten sei in den vergangenen Tagen niedriger gewesen, sagte ein Ministeriumssprecher. Ressortchef Horst Seehofer kündigte an, am Donnerstag nach Warschau zu reisen, um Gespräche mit der polnischen Regierung über die Belarus-Krise zu führen.
Merkel telefoniert mit Morowiecki
Regierungssprecher Steffen Seibert teilte zudem mit, Merkel habe mit dem polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki telefoniert. Thema sei die enge deutsch-polnische Abstimmung über die besorgniserregende Situation an der Grenze zwischen Belarus und der EU gewesen, Merkel habe die volle deutsche Solidarität mit Polen unterstrichen. In dem Grenzgebiet zwischen Belarus und Polen warten nach wie vor Tausende Menschen vor allem aus dem Nahen Osten und Afrika bei frostigen Temperaturen darauf, nach Polen und damit in die EU gelangen. Polen hat nach offiziellen Angaben mittlerweile mehr als 20.000 Sicherheitskräfte im Grenzgebiet in der Region der Stadt Kuznica stationiert, um illegale Einreisen zu verhindern.
Die EU wirft Lukaschenko vor, als Vergeltung für Sanktionen gezielt Migranten einfliegen zu lassen, um sie dann weiter nach Polen einzuschleusen. Die belarussische Regierung weist dies zurück. Die Regierung in Warschau zeigt sich weiter besorgt. Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak sagte im öffentlichen Radio, er rechne damit, dass die Spannungen an der Grenze Monate andauern werden. Am Dienstag war es zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen. Polnische Sicherheitskräfte setzten Wasserwerfer ein, Migranten warfen von belarussischem Gebiet aus mit Steinen.
Parlament in Warschau billigt Gesetz zum Grenzschutz
Polens Parlament billigte am Abend ein Gesetz zum Schutz der Grenze zu, das eine zeitweise Einschränkung der Bewegungs- und Pressefreiheit in der Grenzregion möglich machen soll. Eine deutliche Mehrheit von Abgeordneten stimmte für die Novelle der nationalkonservativen Regierungspartei PiS. Nach der Abstimmung im Sejm, der ersten Kammer des Parlaments, geht der Gesetzentwurf nun an die zweite Kammer, den Senat. Dieser kann Änderungsvorschläge machen.
Vertreter der Opposition kritisierten, die PiS-Regierung wolle angesichts der Krise um die Migranten an der polnisch-belarussischen Grenze den Zugang von kritischen Journalisten dauerhaft blockieren. Polen hatte Anfang September für einen Streifen von drei Kilometern entlang der Grenze zu Belarus den Ausnahmezustand verhängt. Ortsfremde, Journalisten und Hilfsorganisationen dürfen nicht in diese Zone. Der Ausnahmezustand läuft am 2. Dezember aus und kann laut Verfassung nicht mehr verlängert werden. Die Gesetzesnovelle sieht nun vor, dass künftig der Innenminister bei einer Gefahrenlage allen Ortsfremden den Zugang zu einem von ihm definierten Grenzgebiet verbieten kann. Über Ausnahmen - besonders für Journalisten - soll der örtliche Kommandeur des Grenzschutzes entscheiden.
Quelle: ntv.de, mau/rts/dpa