Politik

Deutsches Defizit EU will Verfahren neu aufrollen

Die EU-Kommission will das auf Eis liegende deutsche Defizit-Strafverfahren im November wieder aufnehmen. Dies könnte auf Sanktionen gegen Deutschland hinauslaufen. Das wurde in Manchester am Rande von Beratungen der Finanzminister des Euro-Gebietes aus EU-Kreisen bekannt. Das deutsche Defizit dürfte dieses Jahr nicht - wie von der Bundesregierung angenommen - bei 3,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, sondern zwischen 3,9 Prozent und 4,0 Prozent, hieß es.

Die EU-Kommission nahm dazu keine offizielle Stellung. Es sei verfrüht, über das Vorgehen der Kommission zu sprechen, sagte die Sprecherin von EU-Währungskommissar Joaqun Almunia. Der Kommissar habe stets gesagt, dass die aktuellen Haushaltszahlen von der EU-Behörde rasch überprüft würden. Almunia hatte bereits im Juli gesagt, eine Wiederaufnahme des deutschen Verfahrens sei möglich.

Vierter Verstoß in Folge

Die europäische Statistikbehörde Eurostat werde Einmalmaßnahmen zur deutschen Haushaltssanierung wie den Verkauf von Telekom- und Postforderungen nicht als defizitmindernd anerkennen, hieß es am Rande der Konferenz. Deshalb werde das Defizit 2005 höher ausfallen als angenommen.

Deutschland verstößt 2005 im vierten Jahr in Folge gegen die Regeln das Euro-Stabilitätspakts, der eine Höchstgrenze beim Defizit vom 3 Prozent vorschreibt. Das deutsche Verfahren liegt seit November 2003 auf Eis.

Der nun von der Kommission anvisierte Schritt im Verfahren ist die letzte Stufe vor der Verhängung von Sanktionen. In letzter Konsequenz drohen Geldbußen von bis zu 10 Mrd. Euro. Berlin hatte in den vergangenen Jahren stets die Verschärfung der Strafprozedur im EU-Finanzministerrat abgeblockt.

Union: "Blamage"

Das Bundesfinanzministerium wies die Spekulation über ein höheres deutsches Staatsdefizit in diesem Jahr unterdessen zurück zurück. "Es gibt im Moment für niemanden eine Veranlassung, über ein höheres Defizit zu spekulieren", sagte ein Sprecher des Ministeriums. Die gesamtdeutsche Defizitquote von 3,7 Prozent sei erst kürzlich an Brüssel übermittelt worden. Es gebe keine neuen Daten, auf die man sich beziehen könne.

Die Union sprach angesichts der drohenden Verschärfung des EU-Defizitverfahrens von einer "Blamage der deutschen Finanzpolitik". Die Zweifel der EU-Kommission an den deutschen Defizitzahlen für 2005 zeigten, dass Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) wie so oft die Haushaltszahlen schön gerechnet habe, erklärte Unions-Fraktionsvize Michael Meister. "Statt die Karten vor dem Wahltag offen auf den Tisch zu legen und den Menschen die Wahrheit über den traurigen Verschuldungsrekord zu nennen, versucht Hans Eichel zu tricksen."

Quelle: ntv.de

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