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Israel beendet Großeinsatz Einwohner Dschenins kehren in Häuser zurück

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Der Zivilschutz suche nach explosiven Überresten und überprüfe Häuser und Straßen auf Schäden, berichten palästinensische Medien.

Der Zivilschutz suche nach explosiven Überresten und überprüfe Häuser und Straßen auf Schäden, berichten palästinensische Medien.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Es war der größte Militäreinsatz seit zwei Jahrzehnten: Nach heftigen Gefechten meldet Israel mehr als 300 Festnahmen und zieht seine Soldaten aus Dschenin im Westjordanland ab. Das Militär widme sich nun wieder "Routineaktivitäten", der "Kampf gegen den Terror" sei jedoch nicht vorüber.

Israels Militär hat seinen größten Einsatz im Westjordanland seit 20 Jahren offiziell beendet. Alle Soldaten seien aus der Stadt Dschenin abgezogen, das Militär kehre nun zurück zu seinen "Routineaktivitäten" im Westjordanland, erklärte die Armee. Viele Einwohner Dschenins kehrten zurück in ihre Häuser. Der Zivilschutz suche nach explosiven Überresten des Einsatzes und überprüfe Häuser und Straßen auf Schäden, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA. Bei dem Einsatz sei "terroristische Infrastruktur" zerstört worden, mehr als 300 Verdächtige seien festgenommen worden, meldete der israelische Sender Kan unter Berufung auf einen Militärsprecher. Einige "Terroristen" konnten demnach flüchten. Der "Kampf gegen den Terror" sei noch nicht vorbei.

Israels Armee war am Montag nach Luftangriffen mit rund tausend Soldaten in Dschenin eingerückt. Dort lieferten sie sich heftige Schusswechsel mit bewaffneten Palästinensern, auch während ihres Abzugs in der Nacht gab es Medienberichten zufolge heftige Feuergefechte. Es war der größte Militäreinsatz im besetzten Westjordanland seit zwei Jahrzehnten. Auf israelischer Seite starb ein Soldat, auf der Gegenseite wurden mindestens zwölf Palästinenser getötet und mehr als 100 verletzt. Nach Angaben des Militärs soll es sich bei den Toten um bewaffnete Kämpfer handeln. Bei dem Einsatz seien Kommandozentralen, Waffenlager und Waffenproduktionsstätten militanter Palästinenser zerstört worden.

Langfristige Lösung nur durch politische Aktion

Dschenin gilt als Hochburg militanter Palästinenser. Finanziert werden die verschiedenen Gruppierungen vor allem vom Iran, einem Erzfeind des Staates Israel. In dem dicht besiedelten Ort leben rund 50.000 Menschen, ein Drittel davon in einem Flüchtlingslager. Beobachter bezweifeln, dass der jüngste Militäreinsatz dort zu einer dauerhaften Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts beiträgt. Dank des Einsatzes könnten zwar einzelne Kämpfer ausgeschaltet werden, sagte Tamir Hajman, Leiter des Instituts für Nationale Sicherheitsstudien an der Universität Tel Aviv. "Aber nur die politische Aktion wird langfristig für Stabilität sorgen."

Aus dem Gazastreifen wurden in der Nacht zu Mittwoch erstmals seit Mai wieder Raketen Richtung Israel abgeschossen. Sie wurden nach Angaben der israelischen Streitkräfte abgefangen. In der Region waren mehrere Explosionen zu hören, ausgelöst vermutlich durch das Raketenabwehrsystem Iron Dome. Zu den Angriffen bekannte sich zunächst niemand. Israels Armee reagierte mit Luftangriffen auf das abgeschottete Küstengebiet. Dabei seien eine unterirdische Waffenproduktionsstätte sowie eine Raketenfertigung der Hamas getroffen worden, hieß es.

Die extremistische Palästinenserorganisation herrscht seit ihrer gewaltsamen Machtübernahme 2007 im Gazastreifen und spricht dem Staat Israel das Existenzrecht ab. In dem streng abgeriegelten Küstengebiet leben mehr als zwei Millionen Menschen unter sehr schlechten Bedingungen. Am Dienstag hatte ein palästinensischer Angreifer bei einem Anschlag in Tel Aviv mindestens sieben Menschen verletzt. Die Hamas sprach von einer "ersten Reaktion" auf die Geschehnisse in Dschenin.

Netanjahu befeuert Differenzen

Die Sicherheitslage in Israel und im Westjordanland mit seinen rund drei Millionen Einwohnern ist seit Langem angespannt. Die von den Vereinten Nationen als völkerrechtswidrig kritisierte Siedlungspolitik der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahus, in der auch jüdische Nationalisten und Rechtsextreme am Kabinettstisch sitzen, hat die Gräben weiter vertieft. Seit Beginn des Jahres kamen zwei Dutzend Menschen bei Anschlägen von Palästinensern ums Leben. Im gleichen Zeitraum wurden mehr als 150 Palästinenser bei gewaltsamen Zusammenstößen, israelischen Militäreinsätzen oder nach eigenen Anschlägen erschossen.

Israel hatte das Westjordanland und Ost-Jerusalem während des Sechstagekriegs 1967 erobert. Die Palästinenser beanspruchen beide Gebiete als Teil eines eigenen Staats. Eine Zweistaatenlösung für den seit Jahrzehnten währenden Nahost-Konflikt scheint jedoch in weiter Ferne. Seit 2014 hat es keine ernsthaften Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern gegeben.

Quelle: ntv.de, lno/dpa

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