Beobachtung ist rechtswidrig Erfolg für Bodo Ramelow
17.01.2008, 10:06 UhrDas Bundesamt für Verfassungsschutz darf den Linke-Bundestagsabgeordneten Bodo Ramelow nicht weiter beobachten. Dies sei rechtswidrig, entschied das Kölner Verwaltungsgericht nach einer Feststellungsklage des Politikers gegen die Bundesrepublik Deutschland. Für die jahrelange Beobachtung Ramelows als früherer Landtagsabgeordneter in Thüringen und derzeitiger Bundestagsabgeordneter gebe es keine gesetzlichen Voraussetzungen, stellte das Gericht fest.
Es betonte, dass die Entscheidung aber kein Grundsatzurteil sei und nicht bedeute, dass Abgeordnete generell nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden dürften. Es sei auch nicht darüber entschieden worden, ob die Partei Die Linke beobachtet werden dürfe.
Die Abgeordneten kontrollieren die Regierung
Ramelow sprach von einem "Sieg des Rechtsstaats". Der stellvertretende Bundestagsfraktionsvorsitzende der Linken sagte in Köln, Bundesregierung und Bundestag müssten den Geheimdienst nun anweisen, die Observierung von Parlamentariern seiner Fraktion einzustellen. Für ihn unterstreiche das Kölner Urteil, dass Abgeordnete die Regierung kontrollierten sollten, "und nicht die Regierung mit Hilfe des Verfassungsschutzes die Abgeordneten".
Der SPD-Politiker Dieter Wiefelspütz sprach sich gegen ein Ende der Überwachung der Linkspartei aus. Der Innenexperte der SPD-Bundestagsfraktion sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", es gebe innerhalb der Partei Die Linke Leute, "die mit Demokratie und Rechtstaatlichkeit wenig am Hut haben".
Neubewertung der Partei gefordert
Ramelow sagte, auch nach der am Mittwoch bekannt gewordenen Entscheidung des Saarlands, die Überwachung der Linken komplett einzustellen, "muss jetzt eine Neubewertung der Partei Die Linke erfolgen". In Berlin erklärte Ramelow, er wolle aber keinen "Sonderstatus" für Abgeordnete. Straftaten wie etwa Volksverhetzung sollten auch weiter bei Abgeordneten verfolgt werden.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) wollte sich nicht zu dem Urteil äußern. Ein Rechtsvertreter des BfV sagte, es müsse erst die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet werden, bevor über eine Berufung beim Oberverwaltungsgericht in Münster entschieden werde.
Zu Beginn des Kölner Verfahrens am 13. Dezember 2007 hatte die BfV-Seite betont, über Ramelow würden seit 1999 nur Daten aus allgemein zugänglichen Quellen gesammelt. Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel werde aber als rechtlich möglich eingestuft.
Organklage der Linke-Fraktion
Das Kölner Verwaltungsgericht entschied dagegen. Bei Ramelow gebe es keine gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung "unter Berücksichtigung seines Status als Abgeordneter, seiner Parteifunktionen und seiner konkreten politischen Betätigung". Die Linke-Fraktion hatte im Sommer 2007 nach jahrelangem Streit auch Organklage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, weil sie die Beobachtung ihrer Mitglieder für einen Grundgesetz-Verstoß hält.
Ramelow sagte, sollte die Bundesregierung dem saarländischen Beispiel folgen, würde sich die Klage in Karlsruhe aber erübrigen. Alle 53 Abgeordneten seiner Fraktion würden vom Geheimdienst erfasst.
Die Linke wird auch in einigen Bundesländern vom Verfassungsschutz beobachtet. Ramelow hatte im Gerichtsverfahren betont, seine Äußerungen seien vom Grundgesetz gedeckt. Das BfV sieht dagegen einen "konkreten und verdichteten Verdacht in Bezug auf extremistische Bestrebungen" Ramelows, der seit 2005 Bundestagsabgeordneter ist und zuvor seit 1999 Abgeordneter des thüringischen Landtags war.
Linke nicht verfassungswidrig
Das Saarland hatte zuvor die Beobachtung der Partei Die Linke durch den Verfassungsschutz eingestellt. Es ist damit das erste westdeutsche Bundesland, das weder die Partei als ganzes noch Teile von ihr beobachtet. In anderen Ländern unterliegt oft der linke Flügel der Partei einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Bisher hatten nur Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern die Beobachtung der Linken komplett eingestellt.
Der Chef des Landesverfassungsschutzes, Helmut Albert, begründete die Entscheidung der Saar-Regierung damit, dass es keine Anhaltspunkte mehr für ein verfassungswidriges Wirken der Linken gebe. Aus Sicht seiner Behörde handelt es sich bei ihr um eine Partei "linkssozialdemokratischen Zuschnitts".
Quelle: ntv.de