Blick in die Kreise und Städte AfD gewinnt überall, Grüne verlieren flächendeckend
10.06.2024, 19:04 Uhr Artikel anhören
Wahlplakate in München.
(Foto: IMAGO/Eibner)
Karten mit den Erfolgen und Niederlagen der Parteien bei der Europawahl zeigen ein gespaltenes Land. Sie zeigen aber auch, wie massiv die Verluste der Grünen und wie stark die Gewinne von AfD und BSW sind.
Das große Bild ist eindeutig: Die Union hat die Europawahl gewonnen, die SPD hat schwach abgeschnitten, die Grünen sind abgestürzt und die AfD hat im Vergleich zu 2019 ein sattes Plus erzielt, wenn auch nicht so stark, wie dies noch im Dezember zu vermuten gewesen wäre. Ein Blick auf die Ebene der Landkreise und der kreisfreien Städte zeigt, wo die Hochburgen der Parteien sind, vor allem aber: wo sie besonders stark zugelegt haben.
So hat die AfD bei der Europawahl flächendeckend zugelegt. In keinem Landkreis und in keiner kreisfreien Stadt hat die Partei Verluste zu verzeichnen. Die größten Zuwächse hat die AfD in Ostdeutschland, wo sie auch stärkste Partei wird. Im Landkreis Stendal im Norden von Sachsen-Anhalt legte sie um 13,7 Punkte zu, im Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt und in der Stadt Suhl in Thüringen um jeweils 12,7 Punkte.
Ihre besonders hohen Hochburgen hat die AfD im Osten, genauer: im Südosten der Republik. Ihr bestes Wahlergebnis erzielte sie bei der Europawahl mit über 40 Prozent in der Europastadt Görlitz. Auch alle anderen Landkreise und kreisfreien Städte, in denen die AfD mehr als 35 Prozent holte, befinden sich in Sachsen, Thüringen sowie im Süden von Sachsen-Anhalt und Brandenburg.
Bei den Grünen ist es umgekehrt: Sie haben in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt verloren - auch in Hochburgen wie Berlin, Freiburg oder Münster. Besonders massiv sind die Verluste der Grünen in Westdeutschland, denn dort gab es viel zu verlieren. In der Uckermark im Nordosten Brandenburgs beispielsweise stürzten die Grünen zwar um 4,6 Punkte auf 3,3 Prozent ab. Aber in den nördlichen Wahlbezirken Schleswig-Holsteins verloren sie mehr als 15 Prozentpunkte. Im Landkreis Schleswig-Flensburg rauschten die Grünen um 15,4 Punkte herunter auf nur noch 15 Prozent.
Ihr bestes Wahlergebnis erzielten die Grünen in Freiburg: 30,3 Prozent. Auf mehr als 20 Prozent kommt die Partei nur in westdeutschen Städten.
Die CDU ist bundesweit bei der Europawahl eindeutig auf der Gewinnerseite. Schaut man auf die Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte, so ergibt sich ein sehr viel uneinheitlicheres Bild. In einigen Kreisen legt sie um fünf oder mehr Punkte zu, in anderen verliert sie in dieser Größenordnung. Starke Gewinne verzeichnet die Union beispielsweise in Nordhessen, auch im Hochsauerlandkreis, der Heimat von CDU-Chef Friedrich Merz. Im Osten verliert die Union vor allem außerhalb von Berlin und Brandenburg - besonders stark im Landkreis Hildburghausen in Thüringen sowie in Vorpommern-Rügen.
Die Hochburgen der CDU liegen ebenfalls vor allem in Westdeutschland - und im thüringischen Eichsfeld, einer katholisch geprägten Region an der Grenze zu Niedersachsen und Hessen. Ihr bestes Ergebnis erreicht die CDU mit 50,9 Prozent im niedersächsischen Landkreis Vechta. Im Landkreis Olpe in Nordrhein-Westfalen (49,8 Prozent) sowie im Emsland in Niedersachsen an der Grenze zu den Niederlanden (49,5 Prozent) verfehlte die CDU die 50-Prozent-Marke nur knapp. Es sind gleichzeitig die drei besten Kreisergebnisse für eine deutsche Partei bei dieser Europawahl, die nicht einmal von CSU in Bayern übertroffen werden.
Die CSU ist in ganz Bayern die stärkste Partei. Schaut man auf die Gewinne und Verluste auf Kreisebene, so zeigt sich Niederbayern als Verlustregion. In Straubing-Bogen verloren die Christsozialen mehr als zehn Prozentpunkte, liegen aber immer noch mit 47,9 Prozent weit vorn auf dem ersten Platz. In den Städten Hof (+3,7 Prozentpunkte) und Fürth legte die CSU (+3) legte die CSU am stärksten zu, kam dort aber insgesamt "nur" auf 41,6 (Hof) bzw. 40,3 Prozent.
Zugleich ist Niederbayern eine Hochburg der CSU. Das schlechteste Ergebnis holte die Partei in München: 27,1 Prozent. Das reicht allerdings - anders als 2019 - diesmal trotzdem noch für Platz 1 in der Landeshauptstadt.
Mehr als 1,5 Prozentpunkte gewonnen hat die SPD in einer einzigen Stadt: in Osnabrück. Wenn es ansonsten Gewinne gab für die Sozialdemokraten, dann waren sie sehr moderat, vor allem in einigen bayerischen Landkreisen. In Dresden legte die SPD um 0,2 Punkte zu - der einzige Zuwachs in Ostdeutschland.
Mit Blick auf die Hochburgen der SPD fällt auf, dass ihre stärkste Hochburg einen sozialdemokratischen Stimmenanteil von deutlich unter 30 Prozent hat: Emden in Ostfriesland, 26,3 Prozent. Bei der CDU liegt eine Stadt mit einem solchen Ergebnis eher im Mittelfeld.
Die FDP, die ihr Ergebnis insgesamt im Vergleich zur Europawahl 2019 auf niedrigem Niveau stabil halten konnte und die bei Europawahlen selten gut abschneidet, verbucht ihre Verluste vor allem in Ostdeutschland und ihre Gewinne vor allem im Westen. Den größten Satz nach vorn machte sie in Düsseldorf. Dorther kommt ihre Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Das Ergebnis ist für FDP-Verhältnisse beachtlich: 11,2 Prozent. Allerdings ist dies nur ein Plus von 2,7 Punkten.
Die stärksten Hochburgen der FDP bei dieser Europawahl waren Düsseldorf und der Hochtaunuskreis (10,2 Prozent) - die einzigen Regionen mit zweistelligen Prozentwerten für die Partei.
Hinzugewonnen haben die Linken in einer einzigen Stadt: in Mainz. Dort gewann die Partei 0,3 Punkte auf nun 4,8 Prozent zu. In allen anderen Städten und Landkreisen musste die Linke teils hohe Verluste hinnehmen. In Suhl in Thüringen - dem Bundesland mit dem einzigen linken Ministerpräsidenten - verlor die Linke 12,9 Punkte und fiel auf 6,6 Prozent.
Mit ihren Hochburgen ausschließlich in Ostdeutschland bewegt die Linke sich bundesweit mittlerweile auf FDP-Niveau. Das beste Ergebnis erreichte sie in Leipzig mit 10,5 Prozent. Es folgen Jena mit 9,9 Prozent, Weimar mit 8,9 Prozent, Erfurt mit 8,7 Prozent und Rostock mit 8,2 Prozent.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat überall gewonnen, weil es vor fünf Jahren noch nicht existierte. Die Hochburgen der Partei liegen mit großer Eindeutigkeit im Osten. Die Stadt mit den höchsten Verlusten für die Linke ist zugleich die Stadt mit dem besten BSW-Ergebnis: Suhl, 20,1 Prozent. Danach folgen Saalfeld-Rudolstadt mit 18,5 Prozent und der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte mit 18,3 Prozent.
Schließlich ein Blick auf die Verluste und Gewinne der Parteien in absoluten Zahlen. Auch in dieser Kategorie sind die Grünen der große Wahlverlierer: Sie verloren im Vergleich zu 2019 fast drei Millionen Wähler.
In absoluten Zahlen am stärksten zugelegt hat das BSW. Das neu gegründete Bündnis überzeugte aus dem Stand knapp 2,5 Millionen Wählende.
Quelle: ntv.de